Confess

Das Geständnis

Original von:
“Stasya T. Canine” ca. 1996

Übersetzung:
Michael Kiok

Vorbemerkung: Stasya, der Autor, heute nennt er sich "Stasya T. Canine" , wollte gerne, daß ich einen Link auf seine sonstigen Schriften setzte. Leider ist mir dies aus rechtlichen Gründen nicht möglich. Weasel war nicht mehr aufzufinden.

Erster Teil

Ich stelle dies ausnahmsweise einmal in den Infobereich. Warum? Nun, die Reaktion waren im Allgemeinen Folgende:

"Ja, es gibt darin Teile die beschreiben, wie ich mich fühlte als ich das meiner Geliebten, Freund, Frau, wem auch immer, erzählt habe..."

Wenn es bei dir noch nicht sehr lange her ist, daß du das gewagt hast, dann solltest du vielleicht noch warten, bevor du dies hier liest. Ich habe hier andere Texte.

Die Geschichte, die jetzt folgt, ist sehr intensiv. Manchmal schmerzhaft. Frustrierend, was die dargestellte Blindheit angeht. Sie irritiert, weil man die Leute am liebsten am Kragen packen möchte und sagen: "Seht ihr es denn nicht??"

Für uns alle, Zoos und Nichtzoos, gibt sie vielleicht einige Einblicke, wie das Gegenüber die Dinge und so eine Situation sieht.

Für Weasel und mich hat das Schreiben dieses Textes einige Male sehr schmerzhaft vor Augen geführt, wie leicht man doch den Anderen in so einer Situation mißverstehen kann.

Wie wir die gleichen Begriffe benutzen und doch nicht das Gleiche meinen.

Es betrifft uns zwar meistens nicht persönlich, aber Mark und Helen lehren uns beide langsam, an welchen Punkten Kommunikation versagen kann. Und wie sich diese Fallen umgehen lassen.

Die größte Falle ist der Gebrauch des Wortes "Ehrlichkeit".

Ich meine mittlerweile, das ist das Wort, das all diesen Schmerz erzeugt.

Für mich als Zoo bedeutet Ehrlichkeit zu akzeptieren, was in einer Beziehung gegeben wird. Zu akzeptieren, daß keiner von uns jemals alles über den Anderen wissen wird. Jemandem zu trauen, obwohl man nicht alles weiß, was der Partner gemacht hat, und wer er wirklich ist. Er mag Erfahrungen in seiner Vergangenheit haben, die er mir nicht anvertrauen will. Das ist OK. Es geht ja auch darum, was wir zusammen aufgebaut haben. Unser Zusammensein jetzt ist, worauf es ankommt.

Helen hat mir beigebracht, daß für einen Nicht-Zoo Ehrlichkeit bedeutet, alles zu erzählen. Ohne Rücksicht auf Verluste. Es kommt nicht darauf an, daß man Sachen verbirgt aus Furcht, den Partner zu verletzen. Aus Furcht, ihn zu verlieren.

Für einen Nicht-Zoo ist nicht alles zu erzählen schlimmer als eine Lüge. Ein großer Mangel an Vertrauen.

Und an diesem Punkt entstehen viele der Probleme.

Ein einziges Wort mit zwei so unterschiedlichen Bedeutungen.

Vielleicht wird diese Geschichte auf ihre Art helfen, diese große Verständnislücke zu überbrücken.

Also hier ist sie dann, diese Story, so wie sie in alt.sex.bestiality gepostet wurde.


Hallo Nachbarn.

Das ist Weasels und meine erste Zusammenarbeit.

Sie entstand aus einer halb ernst gemeinten Diskussion, daß man vielleicht mal zusammenarbeiten könnte. In einem Ausbruch von Inspiration habe ich das meiste des ersten Teils direkt in diese Message hinein getippt. Seitdem hat es sich nur in kleineren Details geändert.

Und der Rest? Naja, sagen wir mal, daß sie und ich erstmal eine Pause brauchen von Mark und Helen.

Im Titel steht: "Von Stasya und Weasel."

Es sollte eigentlich heißen: "Von Mark und Helen, wie sie es Stasya und Weasel erzählt haben."

Das ist eine frei erfundene Geschichte, Leute. Aber Stasya/Mark, und Weasel/Helen sind beim Schreiben manchmal durch emotionale Höllen gegangen.

So gesehen ist die Grundidee einfach: "Ein Zoo entschließt sich, seiner nicht-zoophilen langjährigen Ehefrau seine Zoophilie zu gestehen."

Was daraus folgt ist alles Andere als einfach, wie ihr sehen werdet.

Oh ja, die Widmung.

Für "G" und seine Frau. Das andere Zoo/Nicht-Zoo Paar.
Möget ihr noch viele Jahre zusammen bleiben.


Das Geständnis.
von Stasya und Weasel
(oder von Weasel und Stasya. Such's Dir aus.)


Also gut, wenn ich nach Hause komme, dann mache ich's.

Auf Biegen und Brechen. Ich riskiere alles, was wir haben.

Ich schaudere, atme tief ein und seufze dann lange und frustriert.

Wenn ich mir doch nur sicher wäre...

Ich kann SIE einfach nicht weiter anlügen.

Endlich werde ich Helen erzählen, daß ich ein Zoophiler war, bevor ich sie getroffen und geheiratet habe. Denn plötzlich, seit wir Jasmin haben, sehe ich mich nicht mehr länger in der Lage meine Vergangenheit zu verleugnen.

Obwohl Helen und ich eine wundervolle Beziehung haben, mit Jas finde ich eine Ganzheit, die Helen mir nie geben konnte. Eine Ganzheit von der ich nicht wußte, wie sehr sie mir fehlt. All diese Jahre der Selbstverleugnung.

Nun, da wir Jasmin haben, sind sie vertane Zeit gewesen.

Ich muß Helen gestehen, daß, was auch immer wir, sie und ich, teilen, ich meine Gefühle nicht mehr verleugnen kann.

Wenn ich nicht mit Jasmin, dann mit einer anderen Hündin, werde ich meine Ganzheit wiederfinden.

Ich weiß, daß mich das Helens Liebe kosten kann.

Ich bin was ich bin und ich kann es nicht länger verleugnen.

Wird sie erkennen, was für ein Vertrauensbeweis das ist? Wird sie akzeptieren können daß ich sie nie weniger sondern mehr lieben werde, wenn sie diesen Teil meiner Selbst akzeptieren kann? Wird sie verstehen, daß wenn sie sich entscheidet mich weiterhin zu akzeptieren, sie mir ein Geschenk gibt, dessen wahren Wert sie vielleicht nie verstehen wird?

Kann ich damit umgehen, was eine Zurückweisung nach all diesen Jahren für mich bedeuten würde?

Oh Gott, wenn es dich gibt, bitte hilf uns hier hindurch. Hilf uns einen Weg zu finden, um zusammenzubleiben.

Heute ist der Abend wo ich ihr meine Seele entblöße.

Heute lege ich mich auf den Opferstein ihres Urteils.

Was auch immer passieren mag, es wird ein Ende der Lügen zwischen uns sein.


Was geschieht mit uns? Was ist aus dem Mark geworden, den ich geheiratet habe? Wann hat er sich in diesen Fremden verwandelt?

Ich verstehe ihn einfach nicht mehr. Wir waren uns so nah, und jetzt fällt alles auseinander. Vielleicht ist es ja etwas das ich getan habe? Ich zermartere mir den Kopf auf der Suche nach etwas, das ich gesagt haben könnte. Irgend etwas, das diesen schrecklichen Riß verursacht haben könnte.

Aber da ist nichts, und doch suche ich weiter. Schuld und Furcht nagen dauernd an mir.

Es ist diese fürchterliche Stille. Sie schleicht herein und manchmal erwürgt sie mich fast. Dann stehe ich da und schnappe nach Luft. Und wenn ich dann endlich versuche mit ihm zu sprechen, kommen mir die Worte nicht über die Lippen.

Sein Blick geht in die Ferne, er erfaßt mich nicht. Nichts, was ich sage, erreicht ihn, und langsam verliere ich den Mut es weiter zu versuchen.

Vor ein paar Monaten hatte er noch wenigstens die Anständigkeit eine Entschuldigung zu erfinden. Es war immer ein schlechter Tag auf der Arbeit, ein Freund hatte Ärger, er war müde, hatte Kopfschmerzen....

Jetzt macht er sich nicht einmal mehr diese kleine Mühe. Liebt er mich denn überhaupt? Hat er jemand anderen gefunden?

So langsam erscheint mir alles besser als diese Hölle, durch die er mich hier schickt. Jeden Tag wenn er nicht da ist, sage ich: 'heute Abend geschieht es. Heute ist der Tag, an dem wir wieder miteinander zu sprechen beginnen. Heute finde ich heraus, was ihn bedrückt.’

Und jeden Tag aufs Neue verläßt mich der Mut. Jeden Tag wird es schlimmer. Ich hasse mich dafür, und manchmal hasse ich ihn noch mehr.

Er beginnt mich dazu zu bringen, ihn zu hassen.

Langsam frage ich mich ob es sich überhaupt lohnt, es weiter zu versuchen.


Seltsam.

Ich habe nie bemerkt, wie still Helen in letzter Zeit gewesen ist. Im Rückblick sehe ich, daß wir uns voneinander entfernt haben. Hat sie sich entfernt, weil ich mich entfernt habe?

Aktion von mir, Reaktion von ihr?

Wie ich am Küchentisch saß und wir uns über Belanglosigkeiten unterhielten, während sie das Abendessen machte, waren ihre Bewegungen kurz und fahrig. Nicht jene fließenden Bewegungen die mich vor vielen Jahren verführt hatten.

Ja und ich, nun ja, ich habe nach einem Anfang gesucht. Diese lastende Stille nach dem Essen und bevor wir den Tisch abräumen scheint die beste (innerliches ironisches Grinsen) Zeit zu sein, es ihr zu sagen.


"Helen."

"Schatz."

"Warte einem Moment."

(Habe ich wirklich 'Liebste' vergessen?) Es versetzt mir einen Stich, als mir das auffällt.

"Wir müssen reden." Ich werde knallrot.

"Oder vielmehr: ich muß mit Dir sprechen."

"Über mich."

Stille.

Was denkt sie?

Ich beginne an vor Angst zu zittern.

Ich spüre, wie ich mich zwingen muß, die Worte herauszubringen. Oh mein Gott, ich hätte nie gedacht, daß diese Worte ihr zu sagen mir so schwer werden würde.

Bevor ich anfangen kann, kommt ein kühles aber neutrales: "Weiter."

Ich blicke auf die Wand, auf den Tisch, überall hin, bloß nicht zu ihr. Und meine Stimme zittert, als ich unter Tränen sagte:

"Ich bin ein Zoophiler. Ich hatte Sex mit Tieren. Ich bin Monatelang durch die Hölle gegangen um herauszufinden, wie ich es dir sagen könnte."

"Endlich, heute, habe ich mich dazu durchgerungen. Ich habe die Worte noch immer nicht ganz zusammen, aber..."

Jetzt, endlich, schaue ich sie an.

"Ich hoffe Du kannst verstehen, daß ich dich immer noch liebe."

"Ich will dich nicht verlieren."

"Verlange nicht, daß ich mich ändere. Ich kann es nicht. Ich werde es nicht. Egal, wie sehr ich dich liebe, da ist etwas in mir, das nur befriedigt wird, wenn ich Sex mit einem Tier habe. Mit einer Hündin."

"Ich hatte es aufgegeben, nachdem ich dich gefunden und geheiratet habe."

"Die ganzen Jahre, die wir zusammen waren, habe ich diesen Teil meiner selbst verleugnet. Und ich hatte Erfolg."

Ich erlaube mir ein resigniertes Seufzen.

"Bis wir Jas bekamen."

"Selbst wenn es bedeutet, dich zu verlieren, ich kann es nicht sein lassen."

"Jas läßt es nicht zu, daß ich mich weiter vor mir selber verstecke."

Als das heraus ist, lege ich den Kopf in meine auf dem Tisch verkrampften Hände und ein Schluchzen schüttelt mich. Das Helen zu sagen war ein Martyrium, aber jetzt ist es vollbracht.

Und mit dem bißchen Hoffnung, das mir geblieben ist, denke ich: Vielleicht ist das doch ein Anfang, und wir können gemeinsam das durchstehen und trotzdem zusammenbleiben.

Ein Teil von mir hofft, aber ein größerer Teil von mir fürchtet sich. Meine Zoophilie nicht aufzugeben ist das erste Ultimatum, das ich in der ganzen Zeit, in der wir zusammen sind, gestellt habe.

Wie wird sie es aufnehmen?


Ich sitze erstarrt auf meinem Platz und sehe, wie mein Mann unkontrolliert weint. Er ist nur auf der anderen Seite des Tisches, aber er könnte genauso gut meilenweit entfernt sein.

So viele Gefühle, so viel Verwirrung....

Ich will ihn berühren und ihn trösten, und gleichzeitig will ich ihn wegstoßen und anschreien: 'Warum tust Du mir das an?’

Ich fühle Erleichterung. Der Fremde ist verschwunden und Mark ist zurückgekehrt. Und doch ist er nur zurückgekehrt um mir zu sagen, daß Mark schon immer ein Fremder gewesen ist.

Ein Schauspieler.

Ich habe ein verrücktes Verlangen loszulachen, obwohl das hier doch wirklich nicht komisch ist. Und ich habe mir Sorgen gemacht, er hätte eine andere Frau! Mit einer Frau könnte ich ja vielleicht noch umgehen, aber ein (mein Verstand hakt, ist betäubt und verwirrt.) Hund?...

Es drängt mich, ihm eine Million Fragen zu stellen. Denn ich will verstehen. Aber die Fragen sind so schwierig. So fürchterlich schwierig....

In meinem Kopf wiederholt sich der Satz: 'Ich hatte Sex mit Tieren.... Ich hatte Sex mit Tieren....'

Ich merke erst am Salzgeschmack auf meinen Lippen, daß auch ich angefangen habe zu weinen. So viele Fragen....

Irgendwie zwinge ich mich durch die schmerzende Leere meiner Qual zu sprechen.

"Hast du ...." Ich muß einem Moment absetzen und schlucken. Ich will mich die Worte nicht sagen hören, aber ich versuche es wieder:

"Hast du Jas gef... hast du Sex mit Jas gehabt?"

Beim Klang ihres Namens hebt Jasmin den Kopf aus ihrem Korb und schaut uns seelenvoll an. Nach einer Sekunde tapst sie still dahin, wo Mark zusammengebrochen ist und stupst forschend mit ihrer Nase an sein Bein.

Ich sehe, wie er für einen Moment erstarrt, und dann reicht seine Hand hinunter um sie zu streicheln.

Noch mehr Verwirrung. Wenn er wirklich unser Haustier zum Sex gezwungen hat, wie kann sie ihn immer noch so lieben? Sie ist doch noch so jung. So eine unschuldige Seele. Und jetzt habe ich Angst um sie. Und doch (Mein Herz kreischt auf vor Schmerz) ist sie jetzt zu ihm gegangen. Wir beide brauchen jetzt den Trost, den sie geben kann. Und sie hat seine Bedürfnisse über meine gestellt....

"Mark? Antworte mir!" Die Worte kommen härter als beabsichtigt, und es gibt mir sowohl eine Befriedigung als auch einen Stich zu sehen, wie er zurückzuckt.

Er kann - will - mich noch immer nicht ansehen, aber ich sehe wie er den Kopf schüttelt.

Die nächste Frage ist noch schwieriger.

"Hättest du gerne?"

Dieses mal ist die Pause noch länger. Ich sitze da, still, wütend, verletzt und warte auf seine Antwort.

Dann endlich ein zögerliches, fahriges und kaum sichtbares Nicken.

Dieses Nicken schneidet durch meine betäubten Sinne wie ein Messer. Der Horror fließt um mich, hüllt mich ein und erstickt alles Andere.

Ich ergebe mich vollkommen meinen Tränen. Aber da ist eine Frage in meinem Hirn wie ein schnell wachsender Krebs, aber ich kann ihn das einfach nicht fragen - das kann ich einfach nicht!!

Was habe ich falsch gemacht? Warum kann ich dir nicht genug sein?

Wir weinen, zusammen, aber doch so sehr alleine....


Oh Gott im Himmel, es tut ihr weh.

Was habe ich getan? Das hat sie wirklich nicht verdient.

Sie ist Helen. Meine Frau. Die Frau, die ich mehr liebe als sonst jemanden.

Wie konnte ich ihr das antun?

Und doch ich mußte es.

Besser jetzt, bevor sich meine Begierden wieder befreien und uns beide zerstören.

Mein Herz schreit:

"Ich liebe sie!!!"

Aber...

In mir erwachen Begehrnisse, von denen ich dachte, ich hätte sie hinter mir gelassen, als ich sie fand.

Aber ich kann sie wieder spüren. Hartnäckig. Wachsend.

Sie kommen wieder.

Nach all diesen Jahren entdecke ich mich selber wieder.

Jas ergänzt mich auf eine Art, wie Helen es nie konnte und auch nie können wird.

"Mein Gott!" schreit mein Verstand in die Dunkelheit:

"Ich liebe Helen nicht weniger!"

Für eine endlos erscheinende Zeitspanne sind wir zusammen und doch alleine.

Endlich hebe ich den Kopf und schaue sie direkt an.

"Helen?" flüstere ich.

Ich sehe sie den Kopf schütteln.

Ich seufze tief.

"Meine Liebste."

Da fliegt ihr Kopf hoch. Sie starrt mich an. Ich brauche ihre Gedanken gar nicht zu lesen. Ich kann sehen wie sie sich auf ihren Lippen formen. Ich hebe die Hand und bitte sie damit, noch nicht zu fragen. Ich kann ihr leises "Liebste? Wie kannst du das jetzt noch zu mir sagen?" hören.

"Ja."

"Ich liebe dich immer noch."

"Warte."

"Bitte."

"Gib mir eine Chance einen Teil meiner Vergangenheit zu erzählen, den niemand kennt."

"Ich dachte, ich hätte es hinter mir gelassen, als ich dich traf und wir heirateten."

"Jas..." Ich schaute sie an und zeige ihr daß alles in Ordnung ist, so wie sie dort mit ihrem Kopf auf meinem Schoß steht. "Jas hat mich an etwas erinnert, das ich einst mit einer anderen Hündin geteilt habe."

Ich höre ein frostiges: "Und das war?..."

Obwohl mir die Tränen herunterlaufen versuche ich doch, fortzufahren.

"Als ich ein Teenager war, hatten wir diese Hündin."

"Ich..."

"Sie..."

Endlich jage ich die Worte hinaus:

"Sie-lehrte-mich-zu-lieben-und-Sex-war-ein-großer-Teil-dieser-Lektion."

Wieder fällt mein Kopf auf die Hände und ich weine.

Entfernt fühle ich, wie Jas ihre Vorderpfoten auf meinen Schoß stellt und an meinem Gesicht schnuppert. Freundlich und besorgt versucht sie, mir die Tränen wegzulecken.

Blind vor Tränen nehme ich sie fest in die Arme und lasse mich fallen.

Von Schluchzen geschüttelt vergrabe ich mein Gesicht in ihrem Fell und verliere mich in diesen Zusammenbruch.


"Ich liebe dich immer noch"

Eine Antwort auf die Frage, die zu Fragen ich nicht die Kraft hatte.

Seltsamerweise bringt sie mir nicht den Trost, den ich brauche. Es bleibt ein nagender Schmerz der sich nicht beruhigen lassen will.

Jetzt, wo sich die Verwirrung zurückzieht, kommt der Ärger.

Ärger auf ihn.

Er sagt, er liebt mich, und im nächsten Satz spricht er von seiner "Liebe" für Jas. Wie kann das beides wahr sein?

Vielleicht wäre es besser gewesen, wenn er gesagt hätte, er liebt mich nicht mehr. Wenigstens wüßte ich dann, was ich denken soll.

Ich weiß nicht, was er von mir erwartet. Nicht mehr.

Und Ärger auf mich. Wie konnte ich so dumm sein? So blind? Wenn ich zurückblicke ist das alles so schrecklich klar.

Die Art, wie der er Jas mit entrücktem Blick ansieht.

Wie schuldig er aussieht, wenn er bemerkt, daß ich die beiden beobachte....

Wie die Distanz zwischen mir und Mark begann, als Jas das erste Mal läufig wurde.

Als sie auf Marks liebevolles Streicheln so sehr reagierte....

Warum habe ich das damals nicht gesehen, es war so offensichtlich.

Offensichtlich im Rückblick.

Mein Kopf weigert sich, sich dieser Herausforderung zu stellen. Er drückt sich bockig um das Problem herum....

Mark. So sensibel. So mitfühlend. Ist das derselbe Mann, den ich kannte? War denn alles eine Lüge?

Wie kann ich diese beiden unterschiedlichen Wahrheiten miteinander vereinen? Wenn wir uns lieben, ist er voll Zartheit und Einfühlsamkeit. Und in der Leidenschaft, in diesem Reichtum von Intensität ist auch Vertrauen. Eine Sicherheit, daß er mich nicht verletzen wird.

Und jetzt gesteht er mir diesen... diesen abnormalen Drang zu Jas.

Was kann er nur von ihr bekommen das er von mir nicht bekommen kann? Versteht er denn nicht, daß sie nur ein Tier ist?

Und ich liebe ihn noch. Ich kann mir nicht helfen. Aber ich kenne den Mann, den ich geheiratet habe, nicht mehr.

Er könnte ein Monster sein. Er könnte verrückt sein. Er könnte aber auch noch mein Mark sein. Ich weiß es einfach nicht mehr....

Ich will es verstehen.

Nein. Ich muß es verstehen. Ich muß die Wahrheit verstehen, egal wie weh es tut.

Nach einer unendlich erscheinenden Zeitspanne spreche ich wieder:

"Mark?"

Meine Stimme ist jetzt unnatürlich ruhig. Irgendwie fühle ich mich als stünde ich neben der ganzen Situation.

Unsere Augen treffen sich für einen Moment, bevor sein Blick wieder schuldbewußt nach unten auf den Tisch sinkt.

"Ja?" fragt er leise.

"Erzähle es mir. Erzähle mir vom ersten Mal. Von dem Hund, den du...."

"Von dem Hund vor Jas, dem Hund vor uns."

Ich warte auf die Wahrheit. Was immer er auch sagt, welche Schläge er auch austeilt, schlimmer als jetzt kann es nicht werden.


"Erzähle es mir."

Ist ihr klar, welche Visionen sie heraufbeschwört? Nein. Unmöglich.

Ich habe diese ruhige Stimme von vorhin schon gehört. Wenn ich emotional vom Tagesgeschehen erschöpft bin. Oder dieselbe Ruhe, wenn sie zu Gericht sitzt.

"Erzähle es mir."

Mit welcher Helen habe ich es jetzt zu tun?

Zumindest, nach all den Jahren, kenne ich sie so gut, daß ich weiß: Sie versucht zu verstehen, bevor sie eine Entscheidung trifft.

Darauf hatte ich gehofft, dafür hatte ich gebetet.

"Erzähle es mir."

Und schon treibe ich zurück in meine Vergangenheit.

An den Tag, wo das Leben eines 15-jährigen auf dem Amboß einer verschmähten Liebe zerschlagen wurde.

Ich sehe Helen an. Ich flüstere kaum hörbar die Worte: "Erzähle es mir."

Ich seufze und schaue an ihr vorbei. Ich erlaube meiner Stimme ein Echo zu sein, ein Echo der Verletzung an diesem schicksalhaften Tag.


"Carrie."

"Sie war achtzehn. Ich war fünfzehn. Groß und schlaksig."

"Und eingebildet. Weil ich wußte, was Sex ist."

"Mit einem Mädchen meines Alters hatte ich das schon gemacht."

"Wir hatten uns nicht bloß befummelt. Wir hatten es wirklich gemacht."

"Unsere Freunde sahen uns mit Ehrfurcht an."

"Fünfzehn, und wir hatten es gemacht."

"Du kannst dir nicht vorstellen was das für das Ego eines Fünfzehnjährigen bedeutet."

"Ich war ein Mann."

"Mein Gott, wenn ich zurückblicke, dann weiß ich nicht, wie es die Leute damals mit mir ausgehalten haben."

Ich kam lange genug in die Gegenwart zurück um Helen unsicher und schief anzulächeln.

"Habe Geduld mit mir. Es hat alles seinen Zweck. Ich muß dir erst den Hintergrund erzählen."

Wieder in die Vergangenheit blickend fahre ich fort.

"Gleich nach Anfang des Schuljahres lief diese Mischlingshündin auf unseren Hof und adoptierte uns. Irgendwer nannte sie Beth. Wir nannten sie selten so. Wir nannten sie einfach 'He Hund!'"

"Seidiges Haar wie ein Collie. Gebaut wie ein Panzer. Rottweiler? Mastiff? Keine Ahnung."

"Und schwer. Jetzt, wo ich daran denke, bestimmt sechzig Zentimeter Schulterhöhe. Gewicht? Schwer. Fünfundsiebzig Kilo, vielleicht auch mehr?"

"Wir wußten nicht, wie schwer sie war. Auf jeden Fall brauchte es meine ganze Kraft, sie hochzuheben. Sie irgendwohin tragen? Vergiß es."

"Sie spielte mit jedem in der Familie. Ich kann nicht sagen, daß sie jemanden vorzog. Zu der Zeit jedenfalls nicht."

"Dann kam Halloween. Meine Klasse und eine andere waren ausgewählt, die jährliche Horror-Vorstellung zu machen."

"Das war dann, wo ich Carrie traf."

"Rote Haare. Gut gebaut. Aristokratisches Gesicht. Brüste, von denen alle Jungen träumten. Note Eins. Verdammt, soweit es mich betraf, war sie eins plus oder noch mehr."

"Sie ging als Hexe. Und ich konnte als ihr Verwandter gehen, als wandelndes Skelett."

Ich lächelte schief. "Damals war ich noch viel dünner."

"Carrie, wußte, wie scharf ich auf sie war."

"Damals dachte ich, das sei Liebe. Meine erste Liebe."

"Wir verdrückten uns und streichelten uns scharf, wenn niemand in der Nähe war."

"Ich war im siebten Himmel. Das ging so einige Wochen, bis zum letzten Abend, als wir unsere Show machten."

"Umarmungen, befummeln, Küßchen und kichern. Das versprach mir die Welt."

"Ihre Welt."

"Geflüsterte Andeutungen. Andeutungen, die mich vom Unmöglichen träumen ließen."

Ich machte eine Pause. Schaute nach unten. Bemerkte wie meine Hände vor Verkrampfung weiß waren.

Ich hielt sie zwischen uns hoch.

"Das ist mittlerweile 12 Jahre her. Ich dachte ich könnte mich daran mittlerweile ohne Ärger erinnern, ohne Schmerz."

Ich zog die Hände auseinander, stellte meine Ellbogen auf den Tisch, verschränkte die Finger, hob die Hände, legte mein Kinn hinein und driftete wieder in die Vergangenheit.

Mit einem tiefen Seufzer kehrte ich zu ihr zurück.

"Es war nach der unvermeidlichen offiziellen Party."

"'Laß uns gehen, komm Carrie wir gehen. Wir können unsere eigene Party machen, wie wir es geplant haben'."

"So wie in 'let's go to lovers lane and fuck for a while'."

Meine Augen waren geschlossen bei der Erinnerung an diesen Horror.

"Ich kann ihre Stimme noch hören. Wie sie vor Spott triefte."

"Mit Dir?"

"Ich soll mit einem fünfzehnjährigen Skelett ins Bett?'

Und sie lachte. Ein schallenden Gelächter, das im Raum Echos warf."

"Höhnisches Gelächter."

"Ein Gelächter, das mir zeigte, was für ein Idiot ich gewesen war. Daß sie nur mit mir gespielt hatte. Daß sie meinen Hormonrausch ausgenutzt hatte, um sich zu amüsieren."

Meine Augen schauen verwundet und meine Stimme wird ein Flüstern....

"Ich verließ die Party und ging nach Hause. Nach dem konnte ich nicht länger bleiben."

"Und als ich betäubt hinausging war alles, was ich hören konnte, das grölende Gelächter der ganzen älteren Schüler."

"Keiner meiner Freunde versuchte mich zurückzuhalten. Auch sie lachten über diesen tollen Witz auf meine Kosten."

Jas lag jetzt mit ihrem Körper über meinen Schoß. Da hatte ich sie hingelassen, als ich meine Erzählung begann. Jetzt beugte ich mich hinunter und nahm sie fest in den Arm.

Meine Stimme klang dumpf durch ihr Fell und meine Tränen, als ich fortfuhr:

"Ich mußte mich zwingen, wieder zur Schule zu gehen."

"Ich wurde in mich gekehrt. Wurde Mürrisch. ich wollte mit keinem meiner Freunde mehr was zu tun haben."

"Besonders nicht mit den Mädchen. Ich haßte sie. Ich verabscheute sie."

"Die nächsten anderthalb Monate war meine rechte Hand mein bester Freund. Sie machte mich nicht fertig. Sie machte sich nicht lustig über meine Unwissenheit in der Liebe."

"In dieser Zeit begann ich, meine Zeit mit Beth zu verbringen. Was eine ungeliebte Pflicht war, wurde langsam meine einzige Flucht vor dem harten, höhnischen Gelächter, das immer noch in meinen Ohren klang."

"Ich ging mit ihr spazieren. Wir liefen stundenlang durch die Straßen. Manchmal bekam ich mordsmäßigen Ärger, weil wir erst ein Uhr, zwei Uhr morgens oder später zurückkamen."

"Oftmals ging ich mit ihr in den Park nachdem ich wußte, daß all meine Klassenkameraden weg waren, und dann saßen wir da nur zusammen. Oder ich machte sie los und beobachtete wie sie in der Dämmerung spielte und den fallenden Blättern hinterher jagte."

"Sie wurde das Zentrum meines Lebens."

"Sie verlangte mir nie etwas ab, ohne noch mehr zurück zu geben."

"Wenn ich wütend war, um meine Hand hob um sie zu schlagen, dann winselte sie und kroch weg."

"Und dann saß sie immer gerade außerhalb meiner Reichweite und wartete, daß ich mich abkühlte und bei ihr entschuldigte, und alles war wieder gut."

"Langsam und unmerklich lernte ich mich zu kontrollieren. Wenn ich aus Versehen etwas machte, was ihr unangenehm war, dann zerriß es mich innerlich."

"Endlich, im Dezember, passierte es.

"Es war spät. Nach Mitternacht."

"Ich hatte sie losgemacht, damit sie laufen konnte."

"Von irgendwo her kam dieser Rüde und sprang auf sie drauf. Bevor ich irgend etwas machen konnte hingen sie aneinander und ich konnte sie nicht mehr trennen."

"Alles, was ich machen konnte, war, dabei zu stehen und sie zu beobachten."

"Sie winselte und versuchte, von ihm los zu kommen. Dann standen sie Hintern an Hintern und alles, was sie machen konnte, war, ihn herum zu schleifen."

"Nach einer Ewigkeit kam sie los und lief zu mir um getröstet zu werden.

"Der andere Hund rannte weg und ich sah ihn nie wieder."

"Oh wie fühlte ich mich schuldig deswegen. Ich habe mich noch nie so hilflos gefühlt."

"Beth war meine Freundin und dieser Hund hatte sie vergewaltigt."

"Wir saßen noch eine Zeitlang zusammen und trösteten uns. Dann gingen wir nach Hause."

Ich sah zu meiner Frau hoch.

"Ja, ich hielt es für eine Vergewaltigung. Oh, ich weiß, sie war in Hitze. Aber die Art und Weise wie dieser verdammte Hund dahergelaufen kam und sie fickte machte mich wütend."

"In meinem Kopf blieb für nichts anderes Platz als für den Gedanken von Vergewaltigung."

"Ich kann ihre Schreie der Verwirrung und des Schmerzes heute noch hören."

"Ich nehme an, es war für sie das erste Mal."

"Ungefähr eine Woche lang hatte ich Angst sie irgendwo mit hin zu nehmen. Wir blieben zu Hause anstatt spazieren zu gehen. Wenn ich zu Hause war, war sie immer bei mir. Sie fing an auf meinem Bett zu schlafen."

"Ich hatte mein eigenes Zimmer und schlief nackt."

"Wir fingen ab uns zu streicheln und ich kämmte sie, bevor wir schlafen gingen."

"Da ergab es sich eines Abends, daß ich sie kämmte, dabei an Mädchen dachte und hart wurde. Aus irgendeinem Grund wollte ich mich Nacht nicht selbst befriedigen. Ich nehme an, dauernd die Hand zu benutzen war langweilig."

"Warum sollte ich meine Hand benutzen wenn ich ein Mädchen gehabt hatte?"

"Dann erinnerte ich mich an das Erlebnis von Beth und dem Rüden im Park."

"Und ich erinnerte mich daran, wie mein erstes Erlebnis war."

"Das hatte sich verdammt gut angefühlt."

"Ich sah Beth an, wie sie da auf dem Rücken lag."

"Sie hatte da ja auch etwas, und ich war geil."

"Warum zum Teufel, warum nicht mit ihr?"

"Alles, woran ich denken konnte, war, irgend etwas anderes als die eigene Hand um mein bestes Stück zu fühlen."

"Die Hormone, die geballte Lust, die ich fühlte, schwemmte alle Gedanken von Richtig und Falsch einfach weg. Ich war geil und da vor mir lag ein Weibchen. Vielleicht sogar ein Williges. Beth hätte alles Mögliche sein können. Was um dieses Loch drum herum war interessierte mich überhaupt nicht. Hauptsache warm und feucht. Das war alles, worauf es mir in dem Moment ankam."

"So, und ohne überhaupt daran zu denken wie sie darauf reagieren könnte, trieb ich es mit ihr."

"Ja, es fühlte sich gut an."

"Verdammt gut."

"Ich löste mich wieder von ihr und ging schlafen."

"Es mit Beth zu treiben wurde fast ein nächtliches Ritual: Manchmal zog ich nur den Reißverschluß runter und machte es mit ihr im Park. Ich lebte, um in ihre meine Lust zu befriedigen. Wer brauchte schon Mädchen? Ich hatte ja meine Beth. Ich amüsierte mich im Stillen, wenn ich meine Freunde herumstümpern sah, wie sie versuchten auch zum Schuß zu kommen und dann damit anzugeben sprechen."

"Liebe? Kann mir nicht in den Sinn. Damals jedenfalls nicht. Wie könnte man sich auch in einen Hund verlieben? Unmöglich."

"Beth folgte mir überall hin. Sie wurde mein Hund. Wenn ich das Wochenende irgendwo hin fuhr, hörte ich hinterher, wie deprimiert sie gewesen war, bis ich zurück kam."

"Im Laufe des nächsten Jahres ungefähr, fing ich an mehr zu tun als einfach nur rein-raus. Ich experimentierte damit, sie zu streicheln und mit ihr zu schmusen. Ich lernte langsam etwas über Vorspiel. Wie ich sie glücklich machen konnte. Unser Sex wurde langsam länger. Ich lernte, mich zurückzuhalten und nicht einfach drauflos zu stoßen, bis es mir kam."

"Wir begannen, nach dem Sex verbunden zu bleiben. Das warme Nachglühen gemeinsam zu erleben und zusammen einzuschlafen."

Ich lächele ein sanftes Lächeln bei der Erinnerung. "Das sind meine besten Gedanken an jene Jahre. Mit Beth Liebe zu machen und dann mit ihr in den Armen einzuschlafen. Aufzuwachen, sich Küßchen zu geben und dann wieder einzuschlafen."

Ich schaue zu Helen, zeige ihr ein fragend schiefes Grinsen.

"Hast Du dich nie gefragt, wo ich gelernt habe so gut zu schmusen? Bedanke Dich bei Beth. Sie zeigte einem desillusionierten Teenager, worauf es in der Liebe wirklich ankommt. Später verweigerte sie sich mir, wenn ich mit meinen Avancen zu fordernd war, bis ich höflicher wurde. Ich lernte noch mehr Selbstkontrolle. Für sie. Nicht für irgend jemanden, nur für Beth."

"Seitdem ich Mädchen nicht mehr für Sex brauchte, fing ich wieder an, mit ihnen zu sprechen. Ich sah sie immer noch gerne an und träumte von ihnen, aber ob wir es miteinander trieben oder nicht war mir egal."

"Drei Jahre später waren wir auf dem Heimweg. Sie rannte los um etwas zu jagen, und gerade in dem Moment kam ein Auto um die Ecke und überfuhr sie."

"Irgendwie schaffte ich es, ihren zerbrochenen, winselnden Körper nach Hause zu tragen. Als ich endlich einen Tierarzt gefunden hatte, wo ich mit ihr hin konnte, war es zu spät."

"Sie starb in meinen Armen."

"Da entdeckte ich, daß ich sie geliebt hatte."

"Ich konnte für niemanden romantische Gefühle empfinden, bis ich Dich traf.

Ich ging mit Mädchen aus, wir gingen ein paar Mal ins Bett, und dann sagte oder tat sie irgend etwas, das mich abtörnte."

"Ein oder zwei Worte, eine unwillkürliche Bewegung des Körpers während wir im Bett lagen.... Irgend etwas stieß mich immer ab."

"Dann traf ich Dich. Du hast mich auf so viele Arten an Beth erinnert." "Deine Unabhängigkeit, wie Du bei mir geblieben bist, wie Du mir geholfen hast über alle Probleme, die wir hatten, hinweg zu kommen."

"Deine offene Ehrlichkeit."

"Da hat Beth mich verdorben. Ich mußte Ehrlichkeit in einer Beziehung haben, bevor ich lieben konnte."

"Diese Art von reiner Ehrlichkeit, die Beth mir gegeben hat."

"Und die zu geben sie mich gelehrt hat. Bei Dir habe ich das wiedergefunden."

"Wie hätte ich mich nicht in Dich verlieben können."

Ich seufzte, starrte wieder ins Leere, dann sage ich sanft:

"Und Beth wurde etwas, das endlich ruhen konnte. Meine Zeit mit ihr war Vergangenheit."

"Mit Dir, meiner neuen Liebe, konnte ich wieder der Zukunft entgegensehen."

"All dieser Sex und diese Liebe war Geschichte. Ein Abschnitt, den ich hinter mir lassen konnte. Ich brauchte mir nie wieder Sorgen darum zu machen, weil ich meine süße, liebevolle Helen gefunden hatte."

Ich schwieg.

Seufzte tief.

Dann beugte ich mich hinunter und begrub mein Gesicht wieder in Fell.

Mit kaum hörbarer Stimme, in der sich Liebe und Schmerz mischten, sagte ich: "Und dann bekamen wir Jasmin"

Und ließ meinen Tränen freien Lauf.


Ehrlichkeit? Er spricht von Ehrlichkeit. Ausgerechnet mir gegenüber.

Ja, er hat mit dieser tiefen, eiternden Wunde, mit diesem Geheimnis, so lange gelebt. Bis heute war ich ausgeschlossen.

Ich dachte, ich kenne ihn. Ich dachte wir seien und so nahe. Und jetzt ist es so, als wenn er mir gerade den wirklichen Mark gezeigt hätte. Jetzt beginne ich, ihn wirklich zu verstehen. Ich wünschte, es wäre nicht so.

Der Schmerz den er gefühlt haben muß... Ich muß blind sein, daß ich daß ich das nicht bemerkt habe. All diese Jahre hat er gelebt, und trotzdem war ihm diese Demütigung, als sei sie erst gestern gewesen. Zum ersten Mal erkenne ich, daß auch er leidet.

Und dann wieder eine plötzliche Welle von Ärger.

Er leidet, na gut, aber kommt er zu mir, um sich trösten zu lassen? Natürlich nicht.

Warum sollte er denn, er hat ja Jasmin.

Verdammt noch mal, ich leide auch!

Einen Moment lang verwandelt sich mein ganzer Schmerz in Haß. Kalter, giftiger Haß auf diese Hündin, die mir den Mann gestohlen hat.

Ein starkes Gefühl.

Meine Hände ballen sich, meine Fingernägel graben sich in das weiche Fleisch meiner Handflächen und machen dort ärgerliche rote Flecken.

Eine kurze Welle von Wut, und sie geht auch gleich wieder vorbei. Mir graut vor mir selbst, daß ich so schwach war, Jas dafür verantwortlich zu machen.

Was immer zwischen Mark und mir passiert, sie kann nun wirklich nichts dafür.

Sie hat ihn auch nicht um seine Liebe gebeten, wie könnte sie auch. Sie weiß ja nicht einmal was das Wort bedeutet!

Aber er weiß es. Er liebt sie - daran zweifle ich jetzt nicht mehr.

Das ist Falsch! Jede Faser meines Wesens schreit, daß das so nicht richtig sein kann! Hunde begehren Hunde, und Menschen begehren Menschen. So funktioniert die Gesellschaft, so funktioniert Liebe.

Es ist unnatürlich. Mein Gott, warum versuche ich das sogar selber vor mir zu rechtfertigen? Ich stehe doch hier nicht vor Gericht. Alles woran ich glaubte, alles was mir beigebracht wurde, all das sagt mir, daß Mark ein Monster ist. Eine Abnormität.

Und doch komme ich immer wieder zu der Erkenntnis, daß ich ihn immer noch liebe.

Was immer er auch ist, ich kann nicht aufhören, ihn zu lieben.

Aber ich traue ihm auch nicht mehr.

Wie könnte ich?

Er hat mir Abgründe in seiner Seele gezeigt, von denen ich nicht mal wußte, daß sie es gibt.

Wieviel ist da noch, das verborgen in ihm schlummert? Hat er mir alles erzählt? Wie kann ich das je wissen?

Da ist diese Distanz zwischen uns und ich weiß nicht, wie ich sie überbrücken kann. Seine Worte und unser Hund versperren den Weg. Blockieren alle meine Versuche ihm näher zu kommen.

Ich kann Marks Blick auf mir spüren, aber ich vermeide absichtlich ihn anzusehen.

Er will, daß ich etwas sage, vielleicht den Stab über ihn breche. Aber mir fällt nicht ein.

Oh ja, die Fragen sind natürlich alle da, aber die Antworten auch.

Warum hast Du mir das nicht vorher erzählt? - Weil ich Angst hatte, weil Du es nicht verstanden hättest.

Was passiert jetzt? - Das hängt von Dir ab.

Was ist, wenn ich dich zwinge, Dich zwischen uns zu entscheiden? - Ich kann mich nicht verleugnen.

Ich kenne die Antworten. Aber davon geht der Schmerz nicht weg.

Was kann ich zu ihm sagen?

Langsam fällt mir auf, daß ich im Kreis denke. Ich werde benommen und komme einer Lösung keinen Schritt näher.

Ich habe einen Geistesblitz. Wenn ich schlafe, dann muß ich eine Weile nicht an diesen Schlamassel denken. Ich kann entkommen, und sei es auch nur kurz.

Endlich drehe ich meinen Kopf und schaue in Marks Richtung. Meine Worte klingen tonlos und tot.

"Es ist spät. Wir haben genug geredet."

Ich kann seine Unsicherheit sehen. Er wollte von mir Antworten. Er wollte wissen, was und wer er für mich ist.

Ich kann es ihm nicht sagen. Ich weiß es nicht.

Statt dessen sage ich:

"Ich gehe jetzt ins Bett. Komm, Jas."

Sie schaut in meine Richtung, macht aber keine Anstalten mir zu folgen.

Durch meine Betäubung dringt kurz eine helle Bitterkeit, gefolgt von der schon vertrauten Leere. Ich gehe zu ihm und hasse dabei meine spontane Nervosität.

Meine Hand schließt sich um Jasmins Halsband und ich ziehe sie entschieden von meinem Mann weg. Sie leistet kurz Widerstand. Obwohl Mark keine Bewegung macht um mich daran zu hindern, sehe ich einem unmißverständlichen Ausdruck von Schmerz auf seinem Gesicht.

Nochmals starren wir uns an. Darin liegt eine Botschaft. Obwohl es im Raum still ist.

Heute werden wir nicht zusammen schlafen, und er wird nicht mit Jasmin schlafen...


"Es ist spät. Wir haben genug geredet."

Merkt Helen, wie kalt das klingt?

Sieht sie die Tür, die sie mir ins Gesicht geschlagen hat?

Mein Verstand ist von Verzweiflung vernebelt. Ich kann meinen Schmerz nicht verbergen, wie sie herkommt und Jasmin wegzieht.

Immer noch betäubt von dem Schock ihrer kalten Worte beobachte ich, wie Helen fest in Jasmins Halsband greift und sie mit sich zum Schlafzimmer zieht. Jas wehrt sich ein wenig, schaut mich noch einmal an, und geht dann ohne Protest mit.

Das leise 'Klick' der Schlafzimmertür hört sich an wie ein Kanonenschuß. Dann höre ich, zum ersten Mal überhaupt, wie sie abschließt.

Sie wird es mir nicht sagen.

Sie hat es mir gesagt.

Versteht sie es?

Werde ich jemals eine Chance haben, es ihr zu erklären?

Und erlebe jetzt einen Schmerz, der schlimmer ist als der, den ich vor zwölf Jahren erlebt habe.

Den alles umfassenden Schmerz der Stille.

Der rohen Schmerz der Zurückweisung, von jemandem den man wirklich liebt.

Meine Verstand ist erstarrt. Ich bin kaum fähig zu denken.

Ich will zur Tür gehen. Um eine Chance bitten, zu erklären.

Genau das hatte ich befürchtet.

'Du Idiot' - bestrafe ich mich selber.

"Wie konntest Du so blind sein, daß Du dir nicht vorstellen konntest, wie schmerzhaft es sein würde, wenn sie sich von dir abwendet?’

"Oder wie sehr es wehtun würde, wenn sie Dir Jasmin wegnimmt?’

"Warum hat sie nicht getobt?’

"Sie ist nicht wie die meisten Frauen.’

"Hat sie Dich wirklich verstoßen, oder will sie nur Zeit zum Nachdenken haben?’

"Ich weiß nicht.’

"Vertraut sie dir?’

Verdammt, natürlich nicht.

Daß sie Jasmin mitgenommen hat, war ja wohl klar genug.

Mich schaudert.

Die Wände sind näher gerückt. Hier ist keine Freude mehr, keine Wärme. Das ist nicht länger mehr eine Zuhause, es ist nur noch ein Haus.

Ich sehe die Reste des Abendessens.

Vielleicht helfen ja Routine-Arbeiten.

Ich packe die restlichen Lebensmittel weg, lasse das Spülwasser ein, und versuche beim Abwaschen und Abtrocknen zu vergessen.

War genau falsch. Die Routine gibt mir viel zuviel Zeit zu denken.

Wie ich mir die Hände abtrockne, fällt mir eine Lösung ein die ich selten benutzt habe, seit ich Helen kenne.

Ich muß hier raus. Ich brauche Zeit, daß sich meine Gedanken beruhigen.

Ich entschließe mich zu einem Spaziergang.

Vielleicht entspannt mich das ja.

Wie ich am Türknauf drehe, durchfährt mich ein Schock.

Ich schaue auf meine linke Hand, ich starre sie an.

Ich habe automatisch Jas' Leine genommen.

Ich fühle das Leder. Ich werfe sie weg, als ob ich mich an ihr verbrannt hatte.

Ich schaue wieder vor mich hin.

Betäubt drehe ich meine Hand hin und her, schaue sie an und studiere sie und die Emotionen, die hochgekommen sind.

Ich hatte mir nicht erlaubt zu erkennen, was für einen großen Teil meines Lebens Jasmin schon einnimmt.

Ich schaue auf die abgeschlossene Schlafzimmertüre.

Nein, das wird Helen nie verstehen. Ab besten ist es, jetzt einfach zu gehen.

Und endlich lasse ich den Atem heraus, von dem ich gar nicht wußte, daß ich ihn angehalten hatte. Lasse meine Hand schlaff an meiner Seite herunterfallen und gehe hinaus in die bitterkalte Nacht.


Wie ich so durch die Straßen wandere versuche ich, was geschehen ist, loszulassen.

Ich komme immer wieder auf die letzte Szene zurück.

Helen hat Jasmin mir weg genommen. Gegen Jasmins Willen.

Versteht sie denn nicht, daß Jas Gefühle hat, die so tief sind wie unsere?

Bedeuten Jasmins Bedürfnisse denn gar nichts?

Ich habe Jasmin nie gezwungen mich zu lieben. Sie war es, die den ersten Schritt getan hat. Sie hat mir 'gesagt', daß sie mehr in mir sieht als einen menschlichen Rudelführer.

Helen kennt mich doch gut genug, um zu erkennen daß ich immer andere Leute die Beziehung definieren lasse.

Jasmin hat Helen die gleichen Anträge auf soziale Beziehungen gemacht. Aber nachdem sie so oft ignoriert wurde, hat sie sich mir zugewendet und ausschließlich mir diese Zuneigung geschenkt.

Und jetzt will Jasmin von mir, daß ich diese Verbindung vervollständige. Sie will, daß ich wirklich ihr Gefährte werde. Sie will sexuelle Zuwendung, von mir als ihrem Rudelführer.

Helen hätte mir ihr fehlendes Vertrauen nicht klarer sagen können, und wenn sie es mir ins Gesicht geschrieen hätte.

"Ich traue Dir nicht. Ich traue Dir nicht mit Jasmin."

All diese Jahre waren umsonst.

Wie wenig sie doch versteht.

Alles was sie sieht ist, daß ich sie angelogen habe.

Jetzt, wo ich ihr gezeigt habe, was mich zu dem gemacht hat, was ich bin.

Was ist mit den Versprechen geworden die wir uns gegenseitig gemacht haben?

"Ich weiß, daß es Dinge in deiner Vergangenheit gibt, die ich nie wissen werde. Es interessiert mich nicht. Was immer es war, es ist jetzt ein Teil von dir."

Ich finde mich im Park wieder. Ich lehne mich ans Geländer und schaue auf den Teich.

Ich höre die schläfrigen Laute der Wasservögel.

Ich schaue nach unten.

Das wäre eine Lösung.

Habe ich den Mut sie zu ergreifen?

Hier findet mich keiner, bis es zu spät ist.

Kann ich Helen das antun? Vielleicht, sie ist stark genug weiter zu machen.

Kann ich das Jasmin antun?

Sie würde es nie verstehen. Ich würde ihr einen Teil ihres Lebens wegnehmen.

Nein.

Ich halte noch eine Weile aus. Hoffe, daß wir zu einer Lösung kommen.

Ich fälle eine Entscheidung. Ich gehe zur nächsten Telefonzelle, rufe zu Hause an und gebe den Code ein, mit dem ich den Anrufbeantworter fernbedienen kann.

"Helen?"

"Ich nehme mir ein Hotelzimmer."

"Es geht mir jetzt mehr oder weniger gut. Ich muß nur Nachdenken."

"In ein paar Tagen bin ich wieder zu Hause. Vielleicht früher."

Und dann sanft: "Egal was passiert, ich liebe dich noch."

Ich hänge auf und gehe davon.

Ich miete ein Zimmer und mache mich zum Schlafen fertig.

Und wie ich endlich ins Vergessen treibe, ist das Einzige, was ich weiß, daß mein Leben sich wieder einmal wegen einer Hündin geändert hat.


Ein starkes Gefühl von Unwirklichkeit spült über mich hinweg, als ich die Tür vor meinem Mann schließe.

Allein!

Das erste Mal getrennt, seit wir uns Treue geschworen haben.

Jas sieht mich vorwurfsvoll an. Sie winselt leise.

Sie schaut konzentriert auf die Barriere, die zwischen ihr und Mark liegt.

Ich muß schlafen. Ich ziehe mich aus und gehe ins Bett. Jede Handlung, jede Bewegung bringt mir zu Bewußtsein, daß Mark nicht da ist. Das Bett ist kalt. Ich bin kalt. Innen und Außen.

Meine physische und emotionale Erschöpfung läuft mit meinen Gedanken um die Wette….

Ich kann die Gedanken nicht aussperren. Ich kann sie nicht abschalten.

So leicht komme ich nicht davon.

Ich winde und wälze mich in einem Bett herum, das für mich zu groß ist. An Schlaf ist noch lange nicht zu denken.

Vielleicht wenn ich etwas lese und meinen Verstand von dem Schmerz weg zwinge….

Ich öffne ein Buch - keine Ahnung welches - und fange an zu lesen.

Zwecklos.

Meine Augen gleiten über den ersten Absatz, immer und wieder und wieder. Sie schauen hin, aber sie sehen nichts.

Und als ob das nicht schon schlimm genug wäre, dann ist da auch noch Jas. die alle paar Minuten zum Bett kommt und klagend meinen Ellenbogen anstupst.

Tapp tapp tapp, zur Türe und dann einen Blick auf mich. Ein sanftes Winseln und dann tapp tapp tapp zum Bett.

Selbst mit Worten könnte sie sich nicht klarer ausdrücken.

Das Buch rutscht mir unbemerkt aus den Fingern.

Die Sätze verfolgen mich...

"Wenn ich versehentlich etwas getan hätte, daß ihr Schmerzen bereitete, würde es mich innerlich zerreißen.’

Die Tiefe in Marks Stimme, als er diese Worte sagt. Eine Intensität, die ich bei ihm bis jetzt nur im Zusammenhang mit mir erlebt habe. Wie falsch es auch immer war, er hat Beth geliebt. Er hat sie auf eine Weise geliebt, die ich einfach nicht verstehen kann….

"Und dann bekamen wir Jasmin.’

Wie kann ich ihm für die eine seine Liebe zugestehen und für die andere nicht?

Sein Ton war derselbe.

Unmißverständlich.

Ich höre dieses traurige Kind in meinem Kopf weinen: "Ich verstehe das nicht."

Endlich taut das Eis in mir.

Ich fange an zu weinen.

Nicht mehr die leeren Tränen von Schock und Ablehnung. Tränen des Schmerzes, Tränen für das was wir hatten, Tränen für das was mir weggenommen wurde, Tränen der Dankbarkeit. Dieses Schluchzen tut so weh…. Und doch fühle ich mich danach sauberer.

Langsam verebbt mein Weinen. Der Schlaf ist keine Bedrohung mehr. Ich bin müde, aber ich kann wieder denken.

Ich schaue Jasmin an, sehe, wie sie leidet.

Mein Gott, was tue ich hier.

Sind hier nicht schon genug Schmerzen? Warum sollte sie auch noch leiden?

Trotz meiner Ängste weiß ich, daß er Jasmin nichts tun wird. Genauso wie er Beth nichts getan hätte. Genauso wenig wie er mir wehtun würde.

Er liebt....

Er liebt.... Uns beide?

Es gibt zwar keinen Sinn, aber ich glaube es.

Die Stimme des Kindes in mir sagt: "Ich bin sauer. Ich habe Angst. Es tut weh. Ich will, daß es Mark auch wehtut."

Das Kind ist selbstsüchtig und verwöhnt. Ich weiß, daß er leidet. Aber wenn ich ihm Jas wegnehme, dann bestrafe ich nur sie und mich.

Langsam und widerstrebend gleite ich aus dem Bett und finde meinen Bademantel.

Ich ziehe ihn an, gehe zur Schlafzimmertür und schließe sie auf.

Jas beobachtet mich aufmerksam. Sie schlüpft durch und springt los, sobald sie weit genug auf ist.

Was mich angeht, ich habe mich noch nicht entschieden ob ich mit ihm sprechen will oder nicht.

Will er reden?

Oder will er Jas?

Will ich reden, oder ist der Schaden für uns einfach zu groß?

Wie ich Jas ins Eßzimmer folge, sehe ich sofort zwei Dinge:

Erstens, das Zimmer ist aufgeräumt. Die Teller sind gespült.

Zweitens, der Raum ist leer. Schmerzhaft leer.

Jas saust durch die Halle und tapst mit den Pfoten bedeutungsvoll an die Eingangstüre.

Mark ist Weg.

"Er hat aufgeräumt und ist gegangen.’

Einen Moment sehe ich die Symbolik darin und mein Herz springt mir in den Hals. Hat er die noch unerledigten Dinge erledigt und ist einfach weg gegangen?

Nein, natürlich nicht.

Selbst wenn er nicht meinetwegen bleiben würde, würde er nie gehen ohne Jas Auf Wiedersehen zu sagen.

Dieser Gedanke bringt die Schmerzen wieder. Ist es möglich, daß Jas ihm mehr bedeutet als ich?

Wenn ich nur die Antwort auf diese Frage wüßte, dann könnte ich mein Leben vielleicht neu ordnen.

Wenn Mark da wäre, würde ich ihn fragen.

Aber er ist nicht da. Ich komme zu spät...

In dem Moment bemerke ich das Blinklicht am Anrufbeantworter. Langsam gehe ich hin, drücke auf den Knopf und höre die Nachricht.

Er nimmt sich ein Hotelzimmer? Für ein paar Tage?

Aber ich wollte doch reden! Jetzt bin ich soweit!

Alleine! Die Erkenntnis trifft mich wie ein Hammerschlag.

Trennung...

Scheidung...

Könnte ich damit leben, daß ich ihn verloren habe?

Bei dem Gedanken ist die Qual wieder frisch, und das sagt mir mehr als meine Logik jemals sagen könnte.

Ich will ihn immer noch. Ich liebe ihn immer noch.

Oh Jesus, jetzt ist es aber langsam genug...

Hallo Leute.

Hier ist Weasel.

Also, hier ist es - Kapitel Zwei....

Kam ja ziemlich schnell. Tatsächlich ist dieses Kapitel mit halsbrecherischer Geschwindigkeit fertig geworden (und zwischendurch haben Stasya und ich uns gefühlt, als würden wir einem oder beiden unserer Figuren den Hals brechen).

Das mag das Ende von dem "Geständnis" als Serie sein. Vielleicht aber auch nicht. Für den Moment sicherlich. Wir brauchen eine Pause.

Ich für meinen Teil werde zur Abwechslung mal etwas Fröhliches schreiben.

Bis dahin.... Viel Spaß :-)


Hier Stasya....

Ich "kann mich den Ausführungen meiner Vorrednerin nur anschließen"

Das hier zu schreiben war lohnenswert, traumatisch, frustrierend, erleuchtend....

Es war ein Erlebnis. Und ich bin froh, daß ich es erleben durfte. :-)

Nein, ich bin nicht Mark. Nicht ganz.

Weasel gegenüber habe ich es einmal so ausgedrückt:

"Mark hat Dinge ausgesprochen, die ich nicht gesagt hätte. Mich fasziniert, daß er Manches aus meinem Unterbewußtsein zu Tage gefördert hat, was ich alleine nie entdeckt hätte. Es floß einfach so aus mir hinaus und ich saß nur da und habe mich verblüfft gefragt "wo kommt das denn jetzt her?"

Ich hoffe, es gefällt euch.

Und auch dies hier ist "G" und seiner Frau gewidmet :-)


Das Geständnis - Kapitel Zwei

von Weasel und Stasya.
(Oder Stasya und Weasel, sucht's euch aus)

Der nächste Morgen.

Alleine Aufzuwachen

Morgentoilette im Bad. Alleine.

Frühstück machen und frühstücken. Alleine.

Das Haus war auch früher schon leer, aber dieses Mal ist es anders. Damals wußte ich, daß es hier eine Ehe gab, in die wir zurückkehren konnten. Ein trautes Heim. Und jetzt? ....

Derweil sieht mich Jas vorwurfsvoll an. Fragt mich, wo Mark ist. Fragt mich, wann er wieder zu uns zurückkommen wird.

Ich klammere mich so lange es geht an die Routine, aber der Anblick meiner Frühstücksteller auf dem Küchentisch bringt die Bilder der letzten Nacht zurück. Schmerzhaft intensive Erinnerungen.

Ich, geschockt und betäubt. Er, schuldbeladen und innerlich zerrissen. Jas, die zu ihm hinübertrottet um ihren Platz in der Beziehung einzunehmen. Ihren wirklichen Platz.......

So geht das nicht weiter. Das halte ich nicht aus.

Wann wird er zurückkommen? Wie lange werde ich auf ihn warten müssen?

Diese Reaktion irritiert mich

'Sei doch nicht blöd, Helen! Du mußt nicht auf ihn warten. Übernimm doch mal Verantwortung für Dein eigenes Leben! Wenn Du mit ihm reden willst, dann geh selber hin.'

'Oder ist Dir das zu anstrengend? Bist Du wirklich so schwach?'


Eine Stunde später war ich so weit.

Ich hatte mich für den Tag krank gemeldet - arbeiten hätte ich sowieso nicht können.

Ich weiß, wo sich mein Mann aufhält. Vier Telephonanrufe und ein paar unschuldige Fragen hatten ausgereicht ihn aufzuspüren.

Heute werden wir - endlich - reden.

Wie ich mich im Schlafzimmer anziehe kreisen meine aufgewühlten Gedanken um Jas.

Soll ich sie mitnehmen?

Mark würde sich sicher freuen (was mir wieder einen Stich versetzt).

Ich will sie nicht mitnehmen. Schon ihre Anwesenheit ist eine Bedrohung. *Zusammen* sind sie auf jeden Fall eine Bedrohung. Ich will meinen Ehemann zurück. Und so lange der Hund da ist, ist er nicht ganz für mich frei.

Hin und her, keines der Argumente setzt sich durch. Am Ende entscheidet Jasmin.

Jas will zu Mark. Wenn sie das nicht kann, ist sie unglücklich. Sie glaubt ja jetzt schon, ich bestrafe sie und versteht nicht, wieso.

Sie hat aber keine Schuld. Sie steckt nur mitten drin in dieser Misere. Ich will nicht, daß sie noch mehr leidet.

Jas kommt mit.


Ich hatte gefrühstückt.

Ein stilles Frühstück in dem Bistro am Hotel.

Beim Aufwachen hatte die Einsamkeit endlich voll zugeschlagen.

Keine Helen zum Schmusen vor dem Aufstehen.

Keine Jasmin, die darauf besteht, ihr Frühstück zu bekommen, bevor wir unseres bekommen.

Keine seelenvollen braunen Augen, die uns in einem neuen Tag willkommen heißen.

Keine Helen.

Der Mittelpunkt meines Lebens ist nicht da, und das nagt an meiner Seele.

Keine Helen.

Oh, Jas vermisse ich auch, das kann ich nicht bestreiten.

Aber....

Am meisten fehlt mir Helen. Wir zwei zusammen und Jas, die um uns kreist. Ihre überschäumende Freude, die Helen und mich in den allumfassenden Kreis ihrer Liebe für uns beide einschließt.

Die Helens und meine Liebe zueinander festigt.

Ich starre durch das Fenster meines Raumes und lächle bitter in mich hinein.

'Frauen können mehr als einen Menschen gleichzeitig lieben.'

'Hunde können ganze Familien lieben.'

'Warum soll es einem Mann dann unmöglich sein, mehr als eine Liebe zur Zeit zu haben?'

'Wie kann ich das Helen erklären?' Ich suche immer noch nach Worten.

Gibt es überhaupt Worte dafür?

Oder kann man so etwas nur fühlen?

Wie kann ich ihr erklären, daß ein Teil von mir ab und zu ausbrechen muß?

Alles vergessen muß, was mich zum Menschen macht.

Ein reines, nicht vom Verstand gefesseltes Tier werden muß.

Jas gibt mir wieder diese Möglichkeit.

Mit ihr kann ich mich auf einer Ebene austauschen, die keiner Worte bedarf. Ohne, daß dieser sich selbst überschätzende Intellekt dazwischenfunkt. Jeder von uns weiß, was der andere meint. Ohne ein Wort und ohne jeden Zweifel.

Wie kann ich Helen erklären, daß es Momente gibt, in denen ich alles, was mich zum Menschen macht, hinter mir lassen muß?

Um danach menschlicher als vorher zu sein.

Helen tut alles für mich, aber diese Möglichkeit kann sie mir nicht geben. Diesen Fluchtweg, von dem ich spüre, daß ich ihn brauche, um in dieser Welt zu überleben.

Ich seufze tief und blicke weiter durch die Scheibe auf die Welt, die dort draußen ihren Lauf nimmt.

Nicht nur die Morgenkühle läßt mich schaudern und ich versuche, mir ein Leben ohne Helen vorzustellen. Ohne Jas.

Ohne Liebe.


Wie lange stehe ich jetzt vor dieser Tür? Zehn Sekunden? Eine Minute? Fünf Minuten? Länger?

Eine endlose Zeit, in der ich versuche, den Mut aufzubringen, etwas so Einfaches zu tun wie Anzuklopfen.

Was mache ich, wenn er nicht da ist?

Was zum Teufel mache ich, wenn er es ist?

Ich weiß nur, daß ich mit ihm sprechen muß. Obwohl ich nicht die blasseste Ahnung habe, was ich sagen soll....

Wieder einmal zögere ich.

Wenn ich diesen Raum betrete, dann finde ich noch mehr Kummer, Frustration, Realität. Vielleicht mehr, als ich aushalten kann.

Wenn ich hineingehe, finde ich vielleicht den Weg in eine Zukunft....

Hier draußen ist gar nichts. Keine Hoffnung.

Ich werde anklopfen.

Meine Hand nähert sich dieser undurchdringlichen Barriere aus Holz.....und senkt sich wieder.

'Du Feigling!' schreit mich mein Ich an.

'Ich hab ein Recht, Angst zu haben!' gibt das Kind in mir zurück.

Wie ich da so mit mir kämpfe, sieht Jasmin wieder zu mir auf.

Irgendwie wußte sie, wo wir hingehen. Schon in dem Moment, wo ich sie an die Leine nahm, wußte sie Bescheid. Ihre ganze Erziehung war wie weggeblasen. Streckenweise zog sie mich so voran, daß mir die Leine in die Hand schnitt.

Wenn ich versucht hätte umzudrehen, hätte sie mich wohl den Rest das Weges geschleift.

Und jetzt wir sie ob meiner Unentschlossenheit ungeduldig. Plötzlich steht sie auf, bellt zweimal kurz und fordernd und ruckt meinen Arm in Richtung Tür.

Mark kennt Jasmins Bellen, und wenn er wirklich da ist, dann wird er reagieren. Ich weiß das. Und irgendwie habe ich den Eindruck, Jasmin weiß das auch.

Nein. Natürlich nicht. Sie ist doch nur ein Tier. Hör doch auf, sie zu vermenschlichen. Sie ist doch nur ein Hund. Sonst gar nichts.

Ich klopfe. Irgendwie will ich nicht, daß er glaubt, ich hätte Angst gehabt, ihm entgegenzutreten.

Obwohl ich die habe.

Wir warten. Einen ewig langen Augenblick.

Die Tür geht auf und ich stehe meinem Mann gegenüber.

Da ist er. Erleichterung, neuer Schmerz, Angst, Verstand und Liebe kämpfen in mir um die Vorherrschaft.

Er scheint verblüfft, uns zu sehen. Einen Moment sind wir beide wie gelähmt.

Wieder ist Jas der Eisbrecher. Sie hat überhaupt keine Hemmungen sich auszudrücken. Ihre Vorderpfoten sind schon auf seiner Brust und sie leckt sein Kinn wie eine Irre.

Er streichelt und beruhigt sie, aber sein Blick weicht nicht von meinem Gesicht.

"Helen?" fragt er sanft.

Das heißt soviel wie 'Wie hast Du mich gefunden?' und wir wissen es beide.

"Können wir reden?"

Mein Gott, meine Stimme zittert. Ich zittere.

Mark scheint nervös, aber er bedeutet mir, hereinzukommen.

Er setzt sich aufs Bett, und ich suche mir einen Stuhl in der Nähe.

Jas tanzt zwischen uns herum, winselt vor Aufregung, und läßt sich dann (natürlich, wo auch sonst) mit ihrem Kopf auf Marks Schoß nieder.

Warum geht mir das so nahe? Wenn die beiden das vor 24 Stunden gemacht hätten, wäre mir das nicht einmal aufgefallen....

Vor 24 Stunden wußte ich aber auch noch nicht, wer - was! - Mark ist.

Er will etwas sagen. Ich schüttle den Kopf.

"Sag nichts. Das wird auch so schon schwer genug."

Ich hole tief Luft und suche nach den bestmöglichen Worten. Die richtigen Worte gibt es hier sowieso nicht......

Ich blicke auf die Wand hinter ihm, damit ich diese traute Zweisamkeit nicht sehen muß und fange an:

"Ich hatte Zeit, über das nachzudenken, was du mir erzählt hast."

"Es gefällt mir nicht. Verdammt, ich hasse, was Du getan hast und was Du tun willst."

"Ich weiß noch nicht, ob ich mit der Situation leben kann. Ist da noch etwas, was sich zu retten lohnt? Ich weiß nicht"

"Aber ich bin bereit, es zu versuchen. Wenn du noch willst."

Die Tränen steigen mir in die Augen, und ich starre ohne zu Zwinkern auf die Wand und versuche, sie zurückzuhalten. Ich werde nicht weinen. Nicht jetzt. Nicht hier.

Meine Finger verkrampfen sich vor unterdrückter Aufregung und ich versuche, meine Stimme ruhig zu halten.

"Viel ist das nicht, aber mehr kann ich im Moment nicht bieten."

"Ich....."

('Sag nicht ich!' schreit die Stimme des Kindes in meinem Kopf. 'Gib ihm nicht die Möglichkeit, dir wieder wehzutun!')

Mit Mühe zwinge ich das Kind wieder in seine Ecke in meinem Verstand.

Ich schlucke und versuche es noch mal.

"Ich liebe Dich immer noch."

Endlich zwinge ich meinen Blick wieder auf die beiden und warte auf die Antwort.

Will er mich noch? Oder interessiert er sich nur noch für Jasmin?


Mein Kopf zuckt in Richtung Tür.

Hab ich da richtig gehört.......?

Dann klopft es.

Kann es wahr sein?

Alle beide? Helen bringt Jas mit?

Hat mich Helen hier aufgespürt?

Nun ja, direkt versteckt habe ich mich ja nicht.

Und doch frage ich mich warum.

Wenn sie das ist.

Wenn dieses fordernde Bellen nicht aus meiner Erinnerung kam.

Jetzt bin ich an der Tür.

Ich öffne.

Es ist Helen. (Wieso bringt sie Jas mit? Will sie mich nicht mehr im Haus haben? Wird das ein Lebewohl?)

Am Rande nehme ich wahr, wie Jas mich vor Wiedersehensfreude fast auffrißt.

Helen sehe ich an.

Nach einer kleinen Ewigkeit fällt mir auf, daß ich etwas sagen sollte:

"Helen?"

Im Frageton. 'Warum bist du mit Jas hier? Wieso hast du dir die Zeit genommen, mich aufzustöbern?'

'Willst du mir 'Lebewohl' oder 'Komm nach Hause' sagen?'

"Können wir reden?" Ihre Stimme ist kaum lauter als ein Flüstern.

'Das wird kein 'Lebewohl!' In mir keimt Hoffnung auf.

Ist das meine Chance, zu ihr durchzudringen? Ich hoffe es. Ich wage nicht mir vorzustellen, was wird, wenn das hier danebengeht.

Ich trete zurück und bitte sie herein.

Sie findet einen Stuhl. Ich setze mich aufs Bett. Jas... nun, Jas ist sie selber. Glücklich, uns beide wieder zu haben. Sie springt zwischen uns hin und her.

Kann Helen nicht sehen, daß Jas uns beide zusammen haben will? Sie will, daß Helen und ich nah zusammen sind. Sie muß nur die Hand ausstrecken und sie berühren. Wie kann sie die Augen davor verschließen? Jas würde bei ihr bleiben, wenn sie nur ein wenig die Hand ausstrecken würde. Laß es Jas nur wissen.

Endlich gibt Jas auf und legt sich neben mir aufs Bett.

Jas sieht mich noch einmal an, dann legt sie ihren Kopf auf meinen Schoß und konzentriert sich auf Helen.

Ich will Helen sagen, wie froh ich bin sie zu sehen. Sie bremst mich, bevor ich angefangen habe.

Ich höre ihre Bitterkeit.

Ich höre auch ihre Bitte um Hilfe.

"Ich liebe Dich immer noch."

Diese einfachen Worte versetzen mich in einen Ausnahmezustand.

Aber ich zeige es nicht.

Jetzt kommt das Schwierigste.

Wie dringe ich durch ihre selbstauferlegte Blindheit? Ich muß sie sanft dahin führen, daß sie die Augen öffnet und Dinge wahrnimmt, die zu bemerken sie sich bislang nicht erlaubt hat?

Endlich stehe ich auf und gehe zu ihr. Jas will mir folgen, aber ich drücke sie sanft zurück. Sie entspannt sich und beobachtet die Szene von ihrem Platz auf dem Bett aus.

Ich lasse Helen nicht aus den Augen und setze mich im Schneidersitz vor sie.

Wortlos nehme ich ihre Hände.

Ich spüre ihr Zittern. Ihr leichtes Zurückzucken bei meiner Berührung.

Ihr nervöses Fingerspiel wird langsamer und verebbt.

Mit einem Finger wische ich sanft ihre Tränen fort.

Wie fange ich an?

"Warte. Höre nur zu. Versuch nicht zu antworten auf was ich sage. Höre einfach nur zu."

Ich atme tief durch und versuche, meine Stimme ruhig und ausgeglichen zu halten.

"Wir verändern uns alle drei."

"Jas verändert sich. Sie wird erwachsen. Versucht, ihren Platz in unserem Leben zu finden."

"Ich verändere mich. Nicht so stark, wie Du vielleicht denkst. Ich lerne nur ein paar Dinge neu, vor denen ich mich zu verstecken versuchte. "

"Du änderst Dich auch. Was ich Dir jetzt sage, wird Dir wehtun. Sehr weh."

"Wir verändern uns beide. Wir wachsen."

"Jas ist die Einzige von uns, die keine Angst vor dem Wachsen hat."

"Sie hat keinen Begriff für Selbstverleugnung. Sie weiß nur, daß sie ist. Und ist glücklich damit".

"Ich? Oh, ich weiß alles über Selbstbetrug. In den letzten Monaten habe ich gemerkt, wie schädlich der ist. Aber in der Zeit konnte ich mich anpassen."

"Du?" Ich lege ihr einen Finger auf die Lippen, eine stumme Bitte, jetzt noch nichts zu sagen.

"Ich weiß nicht warum, aber auch Du hast Dich selbst betrogen. Hast Dich geweigert, manche Dinge zu sehen. Hast Dich statt dessen auf andere Dinge fixiert."

Ich lächle schief. "Du bist ein Mensch. Bei uns ist das normal."

"Jas ist ein Hund, sicher. Aber sie hat auch Gefühle. Tiefe Gefühle. Sie ist auch kein Kind. Wenn überhaupt etwas, dann ist sie eine junge Erwachsene, die lernt, sich im Leben zurechtzufinden. Jemand, der ohne Vorbehalte Fragen stellt und Antworten erwartet."

"Versuche, sie mit meinen Augen zu sehen. Denk zurück. Sie hat Dich zahllose Male gebeten, mehr als nur ihre Freundin zu sein. Aber meistens hast Du das ignoriert. Ich behaupte nicht, daß sie Dir nichts bedeutet. Auf Deine Art liebst Du sie genau wie ich.

"Jas wollte mehr als Freundschaft. Sie wollte Gemeinschaft. Die Sicherheit, daß sie einen festen Platz in unserem Leben hat. Sie hat es Dir überlassen, wie eure Beziehung aussehen soll."

"Stelle sie Dir als einen Ausländer vor. Sie versteht die Sprache nicht ganz. Sie versucht sich mitzuteilen, aber auch wir müssen uns anstrengen sie zu verstehen."

"Meine Vergangenheit hat es mir ermöglicht, viel von dem, was sie fragte, zu bemerken und zu verstehen. Und ich konnte auf eine Art antworten, die auch sie leicht verstehen konnte."

"Ich weiß, daß Du weißt, daß sie Gefühle hat. Andernfalls hättest Du sie nicht mitgebracht. Dafür kenne ich Dich zu gut."

Ich seufze und mache eine Pause. Dann sage ich sanft:

"Wenn Du mich läßt, werde ich immer für Dich da sein."

"Ich kann Dir helfen. Du hast mir gefehlt."

"Ich liebe Dich."

"Ich weiß, Du hast Probleme. Viele Probleme."

"Die hatte ich auch."

"Das bringt unsere Kultur zwangsläufig mit sich. Monagame Beziehungen zwischen Menschen sind normal. Wir leben in eine Kultur, die nicht zuläßt zu sehen, daß auch andere Arten der Beziehung möglich sind. Einer Kultur, die hunderte andere Arten der Beziehung ignoriert, die Jahrtausende lang erfolgreich waren."

"Ich habe dieses Denkmuster über Bord geworfen und weiß, was Dir unter allen Problemen die größten Schwierigkeiten macht."

"Daß ich Sex mit einer Hündin hatte und Sex mit Jasmin haben möchte."

"Nicht wahr?" Sie nickt.

"Ich weiß daß Dir das Probleme macht."

"Ist es Dir in den Sinn gekommen, daß sie vielleicht damit angefangen haben könnte?"

Ich berühre sie, damit sie noch etwas schweigt.

Psst....

"Ich habe mich jedes Mal geweigert, wenn Jasmin mich zum Sex aufgefordert hat."

"Ja, eine Hündin kann sogar das sagen. Oft unmißverständlich."

"Und das ist mein Problem."

"Ich liebe Dich, wie ich es immer getan habe. Aber Jas liebe ich auch."

"Jas für ihren Teil hält mich für eine Art seltsamen Hund und liebt mich so, wie ich bin. Für sie ist Sex nur eine weitere Art, Zuneigung zu zeigen. Ohne den kulturellen Ballast, den wir damit verbinden.

"Er macht Dich und mich glücklich. Sie will glücklich sein. Wenn ich ihr das verweigere, verletzt sie das tief. Ich habe sie schon verletzt. Sehr sogar. Sie versteht es nicht, aber sie akzeptiert es. Sie wird nie verstehen, daß ich ihr meine Liebe auf diese grundlegendste Art nicht gezeigt habe wegen meiner Liebe für Dich."

"Kann ich sie weiter abweisen? Nicht mehr lange. Das würde einen sehr grundlegenden Teil meines Selbst verletzen. Für mich gehören Liebe und Sex zusammen. Wenn ich das Eine negiere, negiere ich das Andere. Liebe ohne Sex ist Liebe. Aber eine oberflächlichere Liebe. Ohne mich selbst vollkommen hinzugeben."

"Sie und ich würden diese Unvollkommenheit unweigerlich spüren. Und das würde sehr weh tun. So wie es zwischen uns beiden auch wäre."

"Das ist die Veränderung, von der ich spreche. Ich habe aufgehört, mir von anderen vorschreiben zu lassen, was ich denken soll und treffe meine eigenen Entscheidungen. Manchmal habe ich damit immer noch Probleme."

"Wenn Du mich annehmen willst, so wie ich jetzt bin, mußt Du akzeptieren, daß Menschen und Tiere gar nicht so verschieden sind. Verschiedene Formen? Ja. Unterschiedliche Sprachen? Ja. Tiere sind wie Kinder? Nein. Sie sind Erwachsene mit eigenen Rechten. Und wenn wir uns darum bemühen, können wir auf dieser Grundlage mit ihnen umgehen. Als Gleichberechtigte, die ihr Leben miteinander teilen."

Jetzt habe ich gesagt, was zusagen war.

Ich drücke Helens Hände freundlich und versuche, ihr etwas von meiner Kraft zugeben. Sie daran zu erinnern, daß ich für sie da bin.

Ich warte.


Seine Worte wecken neue Gedanken. Neue Emotionen.

Zuallererst Ärger. Lodernde Wut.

Wie kann er behaupten, ich ignoriere Jas? Das stimmt doch einfach nicht!

Ich öffne den Mund, um das vehement abzustreiten. Es absolut abzuweisen.

Es abzulehnen.

Abzuwehren.

Zurückweisung?

Seine Worte in meinen Gedanken.

Hat er recht? War ich taub für was sie mir sagen wollte?

Mir kommen unerwünschte Erinnerungen an meine eigenen Gedanken und Handlungen.........

'Versteht er denn nicht, daß sie nur ein Tier ist?'

'Sie hat doch nicht um seine Liebe gebeten. Wie könnte sie auch? Sie weiß doch nicht einmal, was das Wort bedeutet!'

'Sie ist nur ein Tier. Hör auf, sie zu vermenschlichen. Sie ist ein Hund, mehr nicht!'

Meine eigenen Gedanken. Verräterische Gedanken.

Er sagt, daß sie Sex verlangen kann.......

Sie hat nach solchen Aufmerksamkeiten verlangt. Wo sie in Hitze war. Ich habe es gesehen und als puren Instinkt abgetan. Und jetzt? Plötzlich bin ich mir da nicht mehr so sicher.

Meine Handlungen. Ich habe getan, was für Jas das Beste war. Sie beschützt. Für sie Entscheidungen getroffen.

Ich blicke ins Leere und versuche, Sinn in meine wirbelnden Gedanken zu bringen.

Sollte ich sie denn nicht beschützen? Sie ist doch meiner Obhut unterstellt. Das ist doch nur natürlich, oder?

Sie obliegt meiner Verantwortung.

Dann erinnere ich mich an den Schmerz in ihren Augen, als ich sie von Mark getrennt habe. Ich, die ich sie als Objekt behandelte. Sie zwang, sich meinem Willen zu unterwerfen, in klarem Gegensatz zu ihren eigenen Wünschen.

Ich weiß nicht, was ich denken soll. Kind oder erwachsen? Nur ein Hund oder Person und Hund?

Fähig, Liebe zu fühlen?

Sicherlich fähig, Schmerz zu fühlen. Wenn Schmerz, dann warum nicht Liebe?

Wieso fällt es mir so schwer, das zu akzeptieren?

Hat Mark recht? Verweigere ich Jas ihren natürlichen Platz in unserer Familie?

('Aber sie ist doch nur ein Hund!') Diesmal unterdrücke ich diesen Impuls, kaum, daß er hochgekommen ist.

Vielleicht habe ich ihre Bedürfnisse ignoriert. Widerwillig lasse ich diesen Gedanken zu.

Vielleicht.

Aber ändert das etwas?

Wenn sie in der Lage ist, für sich selbst zu entscheiden, und mir und Mark sagt, was sie wirklich will, meinetwegen. Aber gibt ihr das das Recht, von Mark das zu erwarten was sie von ihm erwartet?

Sie hat das Recht zu fordern, aber verdammt noch mal, er hat auch das Recht, abzulehnen! Und wenn sie von mir aus auch eine Erwachsene ist. Erwachsene bekommen halt nicht immer ihren Willen! Erwachsene haben sich mit Enttäuschungen abzufinden!

Er spricht davon, Jas zu enttäuschen. Sie zu verärgern. Zu verletzen.

(Er enttäuscht mich auch.... Verärgert mich. Verletzt mich.)Ich schiebe das schlechte Gefühl für den Moment beiseite und versuche weiterzudenken.

Hat er deswegen das Gefühl, er müsse Sex mit ihr haben? Nur ihretwegen?

Was ist das zwischen den beiden? Liebe? Lust? Sucht? Eine Mischung davon?

Wenn sie nichts als Sex will, dann können wir uns auch einen anderen Hund anschaffen. Wir könnten mit ihr züchten oder - oder was auch immer! Wenn sie Liebe will - nun, ich liebe sie. Mark liebt sie. Das sollte doch wohl reichen.

Er verdreht alles. Das ist nicht fair!

Auch andere Leute haben Haustiere. Glückliche Haustiere. Ohne, daß sie gleich Sex mit ihnen haben müßten. Mir ist nicht klar, wieso Mark und Jas da anderes sein sollten...

Er liebt mich immer noch. Dieser Gedanke bringt eine Welle der Erleichterung.

Aber ich verstehe noch nicht, wo jetzt mein Platz ist.

Das verwirrt mich mehr als alles andere. Ich muß es wissen.

Mark wartet immer noch. Still und geduldig hält er meine Hände.

Ich sehe ihn an - nicht mehr wütend, nur verwirrt.

Dann wandert mein Blick hinüber zum Bett. Jasmin blickt mich an, den Kopf leicht zur Seite gelegt. Sie muß auch wissen, wo ihr Platz ist.

Sanft ziehe ich meine Hände aus seinen und stehe auf. Ich fühle beide Augenpaare auf mir ruhen, als ich zum Bette gehe und mich neben Jasmin setze.

Sie legt ihren Kopf in meinen Schoß. Ich streichle ihr mit der Hand über die Flanke, und streichle ihr weiches Fell. Irgendwie bringt mich diese simple Geste mich wieder den Tränen nahe, aber dieses Mal ist dieses Gefühl nicht schmerzhaft.

Endlich spreche ich.

"Sag mir, was sie dir bedeutet. Ich versuche zu verstehen. Es ist wichtig."

Ich warte.


Ich stehe auf und gehe ans Fenster.

Blicke hinaus und sehe doch nichts.

Jetzt kommt das Schwierigste. Ist sie weit genug?

Ich weiß es nicht.

Mein Verstand stolpert über die Felsen der Vergangenheit.

Dinge, die ich vor so vielen Jahren verlernen mußte.

Wieviel schwieriger wird das für Helen sein?

Ich drehe mich um und schaue die beiden an.

Helen und Jasmin - Jasmin und Helen.

Die zwei, die ich mehr liebe als alles auf der Welt.

Ich kann nicht anders, ich muß lächeln, als ich sehe wie Jas sich unter Helens unwillkürlichem Streicheln entspannt hat. Helen beobachtet mich, aber ihre Hand sagt etwas Anderes.

Jas ist von diesem Streicheln ganz entspannt.

Mit geschlossenen Augen ist sie ein Bild hündischer Zufriedenheit.

Ich spüre, wie die Spannung mich verläßt.

Mein ganzer Körper entspannt sich, und mein Lächeln wird bewußt und natürlich.

Was immer Helens Verstand sagen mag, ich kann mit den letzten Worten des Kindes in ihr umgehen. Sie hat akzeptiert, daß sie und Jas mich teilen werden müssen. Obwohl ob sie es noch nicht weiß. Noch nicht ganz. Noch nicht bewußt.

Ich drehe mich wieder zum Fenster und spreche:

"Jas bedeutet mir genausoviel wie Du." (Da, jetzt hab ich es gesagt.)

"Vielleicht manchmal mehr. Aber, außer in diesen Momenten, da bedeutest du genauso viel für mich oder sogar weit mehr, als Jas mir jemals bedeuten wird.

"Die Momente, in denen ich Jas brauche sind nicht sehr häufig."

"Über die Gründe bin ich mir selber nicht ganz im Klaren."

"Manchmal frage ich mich, ob es damit zu tun hat, daß ich so sensitiv bin."

"Das Einzige, was ich sicher weiß, ist, das ich ab und zu ausbrechen muß."

"Ausbrechen aus dem Mensch sein. Vollkommen hinter mir lassen, was mich zum Menschen macht. Einen Augenblick lang ein reines, nicht denkendes Tier zu sein.

"Nur in meinen Emotionen leben, kein Intellekt, der die Dinge verkompliziert,

"Mir keine Sorgen machen über Dinge, über die Menschen nachdenken."

"Selbst mit Dir habe ich das nie vollkommen hinter mir lassen können."

"Oh, wir kommen nah dran. Aber mit Jas kann es vollkommen sein. Ich weiß das mit einer Sicherheit von jenseits der Worte."

"So war es mit Beth. Selbst ohne Sex könnte ich aufgeben, was mich zum Menschen macht. Das kann ich mit Jas auch jetzt schon."

"So, wenn ich das dann schon so bekomme, wieso habe ich dann auch noch Sex mit ihr, richtig?"

Ich mich wieder den beiden zu und setze mich Helen zu Füßen.

Ich schaue auf.

"Ja, ein Teil dieser Flucht meint Flucht von Dir. Das meine ich nicht im negativen Sinn. Wenn ich sage 'meine Verbindung mit der Menschheit hinter mir lassen' dann meine ich: wirklich alle Bindungen hinter mir lassen."

"Das kann ich nicht, wenn ich Sex mit einem Menschen habe."

Tränen der Frustrationen beginnen zu fließen.

"Weiß Gott, ich habe es versucht. Jahrelang habe ich versucht, das mit Dir zu erreichen. Ich komme dem so frustrierend nahe, aber ein bißchen bleibt immer noch."

"Ein klein wenig Menschlichkeit, das ich nicht abschütteln kann, wenn ich mit Dir zusammen bin. Ein Teil meiner Selbstverleugnung war, daß ich mir einzureden versuchte, ich könnte mich vollkommen fallen lassen, wenn ich mit Dir zusammen bin."

"Als wir dann Jas bekamen und sie erkannte, in was für einen Verhältnis du zu ihr in unserer Familie standest, wandte sie sich mir zu. Ich habe auf ihre Aufmerksamkeiten unbewußt reagiert, weil ich das damals in meiner Liebe zu Beth gelernt hatte. Das zwang mich, mich daran zu erinnern, was ich von Beth bekommen hatte. Dann, als Jas mich zum Sex aufforderte, wußte ich, daß ich dir das irgendwann erzählen mußte."

"Sex mit Beth war das totale Aufgeben des Selbst. Wenn mich die Leute krank machten, konnte ich zu ihr gehen und mit ihr Eins werden. Auf eine Art, wie ich es, was immer ich auch versuche, mit einem Menschen nicht erreichen konnte."

"Wenn ich davon dann zurückkam und es mit den Schwierigkeiten ein Mensch zu sein wieder aufnahm, konnte ich immer klarer denken - ich war entspannt. All der Ärger, die Verletzungen, die Frustrationen waren verschwunden oder zumindest so zum Schweigen gebracht, daß ich einen Schritt zurücktreten und es mit ihnen wieder aufnehmen konnte. Ich konnte wieder zurückgehen und es mit der Welt wieder aufnehmen."

"Für mich waren diese Zeiten, wenn ich Sex mit einem Tier hatte, Zeiten der Wiederherstellung meiner Menschlichkeit."

"Sex mit Jas. Diese vollkommene Hingabe und Annahme, die es nur beim Sex gibt, macht mich mehr zum Menschen."

"Es geht nicht darum, daß ich Dich weniger liebe. Es ist nur so, daß manchmal der Druck ein Mensch zu sein ein Ausmaß annimmt, daß ich mich dem ein wenig entziehen muß. Jas kann mir das wieder geben."

Ich lächle ein wenig bitter.

"Manches verstehe ich. Anderes nicht. Jas und ich sprechen eine Sprache, geboren aus reiner Emotion ohne die Probleme, die der Verstand mit sich bringt."

"Sprache formt und begrenzt unseren Blick auf die Welt. Weil ich über die Artgrenzen hinweg zweisprachig bin, kann ich die Welt anders als 'normale' Menschen sehen."

"Manchmal einfacher? Mag sein. Ein Teil von mir sieht aber auch die Macht emotionaler Bindungen."

"Ich glaube, man könnte sagen, daß weil meine erste Liebe eine Hündin war, ich immer eine besondere Beziehung zu ihnen haben werde."

"Frauen und Hunden gesteht man zu, daß sie mehr als eine Liebe auf einmal haben können. Warum soll ich das nicht können?"

"Ich spreche zwei Sprachen. Die eine ist menschlich die andere hündisch. Wenn du die zweite nicht lernst, wirst du nicht wirklich verstehen, wie ich zwei Welten zusammenbringe. Deswegen brauche ich Jas. Und ich brauche Dich. Keine wird jemals die Andere voll ersetzen. Ihr beide ergänzt Euch und macht mich vollständig."

"Meine Liebe. Meine über alles geliebte Helen. Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie leid es mir tut, daß mein Bemühen einen Weg zu finden, dir das zu erklären, uns auseinandergetrieben hat. Das was ich bin läßt Dich an deinem Platz in meinem Leben zweifeln. Läßt Dich Dich fragen, ob du diesen Platz jemals wieder einnehmen kannst."

"Du hast diesen Platz nie verloren."

"Sieh die Jas an. Sie ist zufrieden mit dem was ist."

"Ich kann akzeptieren was ist."

Ich stehe auf und setze mich neben sie, lege meine Arme um sie und ziehe sie an mich.

Dann flüstere ich: Sieh Deine Hand an. Die auf Jas. Du kannst es auch akzeptieren. Wenn du es versuchst.


'Du kannst es auch akzeptieren'.

Kann ich das?

Ich schaue auf Jas hinunter. Sie ist zufrieden, glücklich, unaufgeregt. Sie nimmt es, wie es ist.

Warum kann ich das nicht auch tun?

Er sagte daß sie ihm genausoviel bedeutet wie ich. Manchmal.

Und daß ich ihm manchmal mehr bedeute.

Aber zu anderen Zeiten bedeutet sie ihm mehr als ich. Mein Verstand kommt da nicht ganz mit.

Ich fühle ein instinktiv eine Zurückweisung. Eine, die mit Worten und Logik nichts zu tun hat.

Ich kann immer noch nicht die Idee abschütteln, daß was er tut falsch ist. Es gibt keine klaren Gedanken oder Worte die mit diesem Gefühl einhergehen, nichtsdestotrotz ist es ein starkes Gefühl.

Falsch? Irgend etwas an dem Wort stimmt auch irgendwie nicht.

Warum ist es falsch? Das muß ich verstehen.

Sofort schießen mir Rechtfertigungen durch den Kopf.

Niemand man macht so etwas. Das ist ja nicht normal....

Es ist gegen das Gesetz....

Meine Erziehung - alles, was mir beigebracht wurde - sagt, daß es falsch ist....

Ich sollte ihn nicht teilen müssen. Er ist mein Mann....

Dann kommen mir wieder Marks Worte in den Kopf:

'Ich hab aufgehört mir von anderen sagen zu lassen, was ich denken soll und meine eigenen Entscheidungen getroffen.'

Zum ersten Mal verstehe ich die Bedeutung seiner Worte.

Ist es das, worauf es zum Schluß hinausläuft? Sich Sorgen drüber machen was die Nachbarn sagen? Wie die Gesellschaft uns ansehen wird? Ist es einfach nur ich bin zu schwach, meine eigenen Entscheidungen zu treffen?

Ich weiß nicht, was ich denken soll. Mein Kopf sucht nach Argumenten, mit denen ich sein Konzept von diesem zoo... zoo.. wie immer er das auch genannt hat ... zurückzuweisen. Ich suche ein auch nur einen guten Grund, der mich berechtigt, was er tut verwerflich zu finden.

Viele , viele Gründe.

Keiner davon befriedigt mich.

Gesetz, Religion, Gesellschaft, Regeln, Regeln, Regeln..... Weil wir dir das sagen. Es ist nur zu deinem Besten.

Wieder sehe ich Jas an. Ich habe geglaubt, ich tue das, was für sie das Beste ist. Sage ihr, was sie zu machen hat. Zu ihrem eigenen Besten.

Und alles was ich für sie erreicht habe, ist Kummer und Verzweiflung.

Wenn Jas ein Recht hat, für sich selber zu entscheiden, dann habe ich das doch auch.

Warum ist das falsch?

Weil er mich angelogen hat. Weil er mir weh getan hat. Weil mir seine Gefühle für Jas Angst machen.

Diese Gedanken schießen aus meinen Unterbewußtsein mit der ganzen Kraft einer frischen Wunde. Ich zucke unter der Intensität des Schmerzes, den ich fühle, zusammen.

Egal was ich tue, ich kann einfach nicht die Tatsache negieren, daß er mir so wehgetan hat.

Für einen Moment kommt die ganze Wut und Bitterkeit zurück und ich kann dieser starken Emotion fast nicht Herr werden.

Aber mein Verstand gibt so leicht nicht auf. Ich fühle immer noch, daß ich verstehen muß....

Er hat mich angelogen. Hat er das? Oder hat er in erster Linie sich selber angelogen? War es Betrug oder war es eine Verwirrung, so tief, daß er keinen Weg aus ihr heraus finden konnte?

Ein unbequemer Gedanke kommt mir... Wenn er das wußte, dann hätte er mir doch trauen sollen. Ich hätte ihm diese Vertrauen vergolten durch....

durch....

mich von ihm abzuwenden und ihn für ein Monster zu halten. Durch wütend werden und mich von ihm abzukapseln. Mir trauen? Warum sollte er?

Jetzt beginne ich, den ersten Stich der Unsicherheit zu fühlen. Ist es denn falsch?

Er hat mir weh getan. Er macht mir Angst.

Mein Verstand ist grausam. Unbarmherzig.

Wäre ich denn so verletzt und verängstigt, wenn ich mir erlauben würde ihn zu verstehen, ihn zu akzeptieren?

Die Antwort kommt, widerwillig. Vielleicht nicht.

So - wer verletzt hier wen?

Meine eigenen Entscheidungen oder viel mehr das Fehlen von Ihnen ist das Einzige, was mich schädigt.

Helen tut Helen weh. Helen kann auch aufhören, Helen weh zu tun. Wenn sie will.

Wenn sie akzeptiert.

Akzeptieren? Akzeptieren, daß Mark unseren Hund genauso - mehr! - lieben kann, wie er mich liebt?

Nein. Das ist ein zu großer Sprung. Das kann ich nicht.

Noch nicht.

Jas rutscht auf mein Knie und schnarcht ein wenig vor Zufriedenheit, und ich schaue zärtlich auf sie hinab. Meine Finger streichen weiter sanft durch ihr Fell.

Sie ist so liebevoll, so vertrauensvoll...

Auf einmal sehe ich den Kontrast.

Ich sitze hier, und mache mir meine privaten Sorgen, denke meine privaten Gedanken und entferne mich still von meinen Mann. Lasse ihn warten, bis ich bereit bin zu sprechen oder zu handeln.

Jas gibt, was sie zu geben hat. Ohne Angst vor den Konsequenzen. Sie ist offen und ehrlich auf eine Art, wie es ein Mensch niemals sein kann.

Ist es das, was Jas ihm gibt und was ich nicht geben kann?

Hier sitze ich, erschüttert von der Erkenntnis, daß Marks Liebe für uns beide vielleicht nicht ein Mehr oder Weniger, sondern nur unterschiedlich ist. Es gibt keinen Menschen, der es mit Jas aufnehmen kann, und es gibt keinen Hund, der es mit seiner menschlichen Geliebten aufnehmen kann.

Jetzt endlich kann ich etwas ein wenig hoffen.

Diese neue Welt ist vielleicht gar nicht falsch. Vielleicht ist sie auch gar nicht so bedrohlich.

Es ist noch zu früh, um das zu sagen. Meine Logik und mein Gefühl versuchen immer noch, mir zwei verschiedene Wahrheiten einzureden. Und der Schmerz kann nicht einfach weggedacht werden.

Aber endlich habe ich einen Entschluß getroffen.

Ich wende mich Mark zu. Tausend Dinge schießen mir durch den Kopf.

Ich könnte erklären. Ich könnte rechtfertigen. Ich könnte Regeln aufstellen.

Aber nichts davon erscheint wichtig. Nichts davon ist notwendig. Noch nicht.

Meine Finger umschließen seine Hand, während meine andere Hand sanft Jas´ Ohren streichelt.

"Ich will es noch einmal versuchen" sage ich ihn sanft." Kommst du mit mir nach Hause?"


'Kommst du mit mir nach Hause?'

Ich schwebe innerlich. Helen ist zurück. Vielleicht dauert es noch ein bißchen, aber ich habe wieder Hoffnung.

Ich nehme sie fest in den Arm.

"Nach Hause kommen?"

"Zuhause ist, wo du bist und wo Jas ist.

"Ich bin schon zu Hause."

Und da weine ich endlich Tränen der Freude und Erleichterung.

Ich lehne meinen Kopf auf ihre Schulter.

"Danke."

Eine ganze Welt geteilter Gedanken liegt in diesem einfachen Wort.

Nach Monaten der Trennung sind wir wieder eine Familie.


Epilog

Es ist Jahre später.

Helen, Jas und ich haben unseren Frieden gemacht. Meine Zoophilie ist ein verborgener aber normaler Teil unseres Lebens.

Unser Leben ist jetzt Routine.

Ich bin auf der Arbeit. Meine Kollegen stehen um einen Computerterminal herum.

Ich höre Lachen, Schnauben, gemurmelte Kommentare.

Endlich: "He Mark, sieh dir das mal an."

Ich gehe rüber und frage mich, was da denn so wichtig sein soll.

"Sieh dir bloß mal das an, man könnte wirklich meinen, diese armen kranken Perversen meinen das ernst."

Ein anderer murmelt: "Verdammte Perverse! Die können wahrscheinlich keinen menschlichen Partner finden."

Ich frage mich, warum er das menschliche so betont.

Ich schaue auf den Bildschirm.

Mein Gott!!

Nein! Das kann nicht wahr sein!!!

Dort auf dem Bildschirm sind Worte.

Eines dieser Worte ist "Zoophil".

Es ist eine Webseite für Zoophile.

Unmöglich! schreit mein Verstand. Er weigert sich, es zu glauben.

Oh-lieber-Gott-laß-das-einen-Alptraum-sein!

Meine Kollegen lachen, machen respektlose und fiese Bemerkungen, und ich antworte automatisch auf ein paar davon.

"Ja, krank." Meine Stimme ist schwach.

"Die brauchen Hilfe." Innerliche denke ich: 'Die helfen sich schon selber.'

Betäubt wie ich bin kann ich mir kaum eine der urls merken.

Ich gehe wieder an meinem Schreibtisch.

Als ich sicher bin, daß niemand hersieht, schreibe ich die url nieder und stecke den Zettel in die Tasche.

Einen Gedanken werde ich für den Rest des Tages nicht mehr los.

Ist das wahr? Ist das wahr? Oder ist das irgendein makabrer Alptraum, um mich in meine ganz private Hölle zu schießen?

Lieber gnädiger Gott, laß es wahr sein.


Als ich zuhause durch meine Tür komme bebe ich, zittere als Reaktion auf die Entdeckung des Tages.

Ich höre Jas - es ist ihr Begrüßungsbellen.

Helen nimmt mich in den Arm und fragt mich, was los ist:

"Mark? Du zitterst!"

"Der Computer, der Computer."

Ich nuschle die Worte, als ob sie ein Mantra wären.

Jas springt aus dem Weg, als ich Helen loslasse und ins Haus gehe.

Ich stolpere zum Computer. Wühle durch die Schublade mit den Disketten wie ein aufgekratzter Terrier.

Alles, was ich sagen kann, ist immer wieder:

"Es gibt andere, es gibt andere, es gibt andere."

Helen starrt mich an: "Andere WAS?"

In meiner besessenen Suche ignoriere ich ihre Frage.

"AHA!"

Ich halte die Diskette mit der Internetsoftware, die wir nie installiert haben, hoch.

Mit zitternden Händen stecke ich sie in den Rechner und starte die Installation. Bestätige den Kostenplan.

Ich flüstere....

"Lieber Gott, wenn das wahr ist, dann ist mir egal was das kostet."

Helen steht hinter mir. Ich bemerke sie kaum.

Mit zitternden Händen starte ich den Webbrowser.

Ich ziehe das Stück Papier heraus und tippe zögernd die url ein, die ich mir so sorgfältig gemerkt habe.

Ich schaue zu meiner Frau hoch und flüstere: "Ich habe gerade entdeckt, daß es im Internet noch Andere gibt. Leute gibt wie mich. Wie wir."

Ich sehe sie baß erstaunt.

"Zoophile? Bist du sicher?"

Ich sehe ihr in die Augen:

"Mein Gott, ich hoffe es, ansonsten wäre der ganze Tag ein grausamer Alptraum gewesen."

Ich blicke wieder auf den Bildschirm. Zitternd und zögernd zwinge ich mich dazu, die Enter-Taste zu drücken.

Dann ergreife ich mit einer Hand Helens Hände, die auf meiner Schulter zittern. Die andere greift automatisch auf meinen Schoß auf den Jasmin ihren Kopf gelegt hat und mit uns zittert. Alles, was sie versteht, ist, daß sich etwas geändert hat. Gut oder schlecht - sie weiß nicht genau, was vor sich geht, aber sie will es auf jeden Fall mit uns teilen.

Nur eine Sekunde, aber sie dauert eine Ewigkeit.

Dann hat sich der Bildschirm aufgebaut. Den, den ich auf der Arbeit gesehen habe.

Helens Arme umfangen mich. Ich fühle ihre Umarmung kaum. Ihr Atem ist ein erstauntes Flüstern in meinem Ohr.

Das ist kein Traum.

Wir zittern beide, als wir erforschen.

Lieber Jesus!

Es gibt so viele von ihnen...

Websites. Stories. Informationen...

Stundenlang gleiten wir einfach nur von Ort zu Ort.

Diese Leute sind wirklich da draußen.

Als wir den Computer endlich abstellen kommt Helen herum und setzt sich auf meinen Schoß.

Alles, was ich durch meine erschöpften Gefühle sagen kann, ist:

"Ich bin nicht alleine."

"Wir sind nicht alleine."

Und das ist genug.


stasya@counsellor.com
weasel@wolf.u-net.com


Reality check
(oder: Eine Bemerkung von Bitzer)

Ok - also vielleicht habe ich das nicht geschrieben, aber einige Leute haben schon gefragt, wie nah es meinen wirklichen Erlebnissen mit Tieren kommt.

Es gibt eine einfache Antwort darauf: "Überhaupt nicht!"

Bitzer