Tierische Freuden

(The Joy of Beast)

Von Michael Bird

übersetzt von Michael Kiok

(Original in : The Independent von Sonntag, den 3. Dezember 2000.)


Früher war Bestiality das absolute Tabu. Jetzt scheint sie so sehr toleriert zu sein, daß es schon fast chic ist. Michael Bird erforscht den bizzaren und manchmal schockierenden Boom der Liebe über Artgrenzen hinweg.

 

Trey, der Golden Retriever, schiebt seine Schnauze näher an mein Steak mit Pommes Frittes heran. Der Tisch hat die richtige Höhe für ihn um sein Kopf darauf zu legen, und er streckt seine Zunge nach jedem Bröckchen aus, das von meinem Teller fallen könnte. Sein Besitzer, Brian, ein 32-jähriger Ingenieur, schiebt ihn weg: „Du kriegst nix!“ Trey hebt seinen Kopf enttäuscht hoch. „Das landet nur wieder im Auto und dann hast Du auch nichts davon“ fügt Brian hinzu, der Trey vor vier Jahren aus einem Tierheim gekauft hat. Er sagt dem Hund, daß die Reste mitgenommen werden und er sie zu Hause bekommt. Trey winselt und schüttelt seinen Kopf.

 

Wir essen in einem Biergarten zu Mittag. Über uns hängen drohend graue Wolken, aber für uns ist es besser draußen zu sein. Brian erklärt mir, daß er seinen Hund liebt. Jeder, der diesen Gedanken anstößig findet, möge bitte nicht weiterlesen. „Ich würde für ihn ohne nachzudenken mein Leben opfern“ sagt Brian. „Er ist immer für mich da. Wir schlafen im selben Bett, er liegt normalerweise beim Kopfkissen und weckt mich morgens mit einem Kuß. Der Sex“, fügt er hinzu, „ist großartig.“ Brian definiert sich selbst sowohl als Bestialist -  jemand, der Sex mit Tieren hat – als auch als Zoophilen, jemanden, der eine Liebesbeziehung mit ihnen hat. Er hatte viele „Beziehungen“ mit Hunden in den letzten 3 Jahrzehnten: Rüden und Hündinnen, mit Hunden anderer Leute und seinen eigenen. Das erste Mal masturbierte er den Hund eines Freundes, als er zwölf war und er sagt, daß es ihm Freude bereitet, dem Tier Freude zu geben. Auf der Schule, in einer nördlichen Vorstadt, fühlte er sich nicht zu Mädchen hingezogen und auch später nie.

 

Brian hielt seine sexuellen Vorlieben bis er Mitte 30 war geheim, dann erzählte er seinem Vater und seinem Bruder davon. Sie waren schockiert und sprechen nicht darüber. „Ich erkannte, daß es etwas war, über das ich keine Kontrolle hatte. Es war keine bewußte Entscheidung, aber es war auch keine Besessenheit. In meinem Leben waren auch andere Dinge wichtig.“ Zum Beispiel Motorradfahren und fliegen - die ihm den regelmäßigen Kontakt zu anderen Menschen ermöglichten.

 

Wegen seiner Arbeit mußte er viel reisen, und so dachte er, daß es nicht praktisch oder fair sei einen Hund zu halten. Stattdessen hatte er Beziehungen mit Hunden, die Freunden oder Verwandten gehörten. Er suchte sich sorgfältig die Orte und die Zeiten aus, im Haus und im Freien, wo sie unbeobachtet waren. Einer dieser Hunde war ein Collie namens Glenn. Er gehörte einem Cousin, der in der Nähe wohnte. Brian sagt, daß er Glenn sieben Jahre lang liebte. Er besuchte ihn ein- oder zweimal die Woche und kümmerte sich um ihn am Wochenende, oder wenn sein Cousin im Urlaub war.

 

Als Glenn und sein Besitzer aus der Stadt wegzogen wurde Brian depressiv und kaufte einen Welpen. Aber die körperliche Seite dieser Beziehung war kein Erfolg. „Er war sehr unterwürfig und machte nie Anstalten, mich zu besteigen...“ - (Brian’s bevorzugter Modus Operandi, falls Sie sich das fragen, ist von seinem Hund penetriert zu werden und mit ihm Oralverkehr zu machen). Brian begann zu spüren, daß er Glenn nicht gerecht wurde, und so ließ er ihn kastrieren und verkaufte ihn als Familienhund.

 

Brian sucht in seiner Brieftasche und holt ein Foto eines Collies heraus, der auf einer Wiese liegt. Das ist Glenn. Das Foto ist abgenutzt und mit Tesafilm beklebt. Auf der Rückseite klebt eine schwarze Haarlocke.

 

Glenn starb plötzlich eines Morgens an einer Herzattacke, bevor Brian sich von ihm verabschieden konnte. Glenns Besitzer wußte, welche starken Gefühle Brian für Glenn hatte -  wenn auch nicht, wie er diese Gefühle ausdrückte - und er hatte ihm gesagt, daß wenn er jemals eingeschläfert werden müßte, könnte Brian dabei sein und dem Tier sterben helfen. „Sie sagten, wenn die Zeit käme...“ Brian kann den Satz nicht zu Ende bringen und vergräbt sein Gesicht in seinen Händen. Ich strecke mein Arm zu ihm aus, aber wendet sich ab, fällt auf die Knie und umarmt Trey. Sein Gesicht ist im Fell des Hundes vergraben und er versucht, seine Tränen zurückzuhalten.

 

Bestiality - oder Zoophilie, wie ihre Verfechter sie lieber nennen - ist nie akzeptabler gewesen als heute. In den letzten Monaten hat es Hochglanzbilder gegeben von Models in zweideutigen Posen mit Tieren, in solch bekannten Zeitschriften wie i-D, Arena und Bizarre. Kürzlich gab es einen Fernsehspot für Eiscreme, bei dem es Anspielungen auf sexuelle Interaktionen zwischen einem Mann und einem Hund und zwischen einer Frau und einem Pferd gibt. Brian O’Doherty’s in der Booker-short-list aufgeführter Roman „The Deposition of Father McGreevy” beinhaltet mehrere Sexszenen zwischen einem Mann und einem Schaf. Eine von denen wurde letzte Woche im Literaturteil für den Bad-Sex-Preis nominiert (und bekamen ihn auch, nachdem dieser Artikel gedruckt wurde). Und letztes Jahr brachte Channel 4 eine Dokumentation über dieses Thema, „Animal Passions“, in der ein Amerikaner interviewt wurde, Mark Matthews, der sein Pony Pixel in einer speziellen Zeremonie geheiratet hatte. Dieses letzte Kulturereignis brachte das Parlamentsmitglied Kenn Maginnis von den Ulster  Unionists dazu, im Unterhaus eine Entschließung einzubringen, die Regierung möge doch „geeignete Maßnahmen ergreifen, daß solche entarteten und Fehlprägungen erzeugenden Programme im Britischen Fernsehen in Zukunft nicht mehr ausgestrahlt werden mögen.“

 

Aber Fakt ist, für die meisten Menschen ist Bestiality weit davon entfernt, dass schreckenerregende Tabu zu sein, das sie früher war. In den letzten Jahrzehnten sind „Perversionen“ wie Sadomasochismus in den Mainstream eingegangen und manche glauben, daß Bestiality die nächste sein sollte. In Deutschland, den Niederlanden und in 28 Staaten der USA sind sexuelle Beziehungen mit Tieren legal und in Ungarn werden Tiersexmagazine offen in Werkstätten und Buchläden verkauft. Auf der anderen Seite ist es in Großbritannien ein Verbrechen, auf das lebenslange Haftstrafe steht. Aber selbst der Home office report, der die entsprechenden Grenzen definiert und letztes Jahr als Teil einer allgemeinen Bewertung  von Sexualstraftaten publiziert wurde, empfiehlt, dies auf fünf Jahre zu reduzieren. Der Report, der zum Ziel hat, einen Vorschlagenkatalog zu erstellen, der fair, gerecht und dem 21. Jahrhundert angemesssen ist, argumentiert, daß Sex mit Tieren die Würde des betroffenen Tieres angreift und stellt zwar Parallelen zwischen dem Missbrauch von Tieren und dem Missbrauch von Kindern her, aber er steht jenen, die interspezifischen Sex betreiben, nicht vollkommen feindlich gegenüber. Er verbindet ihr Verhalten im Wesentlichen mit „Einsamkeit und Nähe zu den Tieren“ und regt die Öffentlichkeit an, ihre eigenen Vorschläge vor März 2001 dazu abzugeben. Danach wird die Regierung eine entsprechende Gesetzesnovelle einbringen.

 

Es gibt keine verläßlichen Forschungen darüber, wie viele Zoophile es gibt. Die detaillierteste Analyse ist immer noch die aus Alfred Kinsey’s Bericht über Sexualverhalten in den fünfziger Jahren. Dr. Kinsey befragte 20 000 Amerikaner zu ihren sexuellen Präferenzen. 8% der Männer und 3% der Frauen gaben zu, sexuelle Beziehungen zu Tieren zu haben. In ländlichen Gegenden wuchs die Zahl sogar bis auf 50% unter den Männern (obwohl dieses meistens Teenager im Hormonrausch waren, die keine Mädchen zur Verfügung hatten und im Alter um die 20 damit aufhörten). Heute allerdings wird zu diesem Thema endlich neu geforscht, teilweise auch deswegen, weil - dank dem Internet - neue Informationen verfügbar werden. Die Verfügbarkeit von Webseiten und Newsgroups zu jedem denkbaren Thema hat die Zoophilen in der ganzen Welt ermutigt, in die Öffentlichkeit zu treten und ihre Sexualität zu diskutieren.

 

Das wiederum stellt Akademikern Material zur Verfügung und führt zu seriösen Forschungen. Zum Beispiel führt Andrea Beetz, eine Doktorandin an der Universität Erlangen, Deutschland, eine Forschungsarbeit über Zoophile durch um herauszufinden, ob es irgendwelche gemeinsamen Züge in ihrem Background oder ihrer Entwicklung gibt. Das beinhaltet Tests um zu sehen, ob sie introvertiert oder extrovertiert sind oder Zeichen von Aggressionen zeigen. Sie faßt die Resultate von 150 Interviews und Fragebögen zusammen, die sie Zoophilen in der ganzen Welt gegeben hat. Natürlich können darunter auch Spinner sein, aber Beetz sagt, daß sie alle Angaben rigoros auf Plausibilität überprüft und auch ihre Studienobjekte persönlich trifft.

“Ich will herausfinden, ob ‚Zoos’ sich vom Durchschnitt unterscheiden. Die meisten Leute haben das Vorurteil, daß sie sehr gewalttätig und gefährlich sind.“ Frühere Psychiatrische Studien haben Zoophile in eine Gruppe eingeordnet mit Sexualstraftätern wie dem Serienmörder und Kannibalen Jeffrey Dahmer, der in seiner Kindheit sexuelle Erlebnisse mit Tieren hatte. Beetz fragte sich, ob das so richtig sei.

 

„Ich wollte herausfinden, ob sie aus sich heraus seltsam sind - oder deswegen anders, weil sie keinen Zugang zu menschlichen Partnern haben.“ Wie es jetzt aussieht, haben die von ihr Interviewten einen IQ, der im oder über dem Durchschnitt liegt. Alle außer vier Teilnehmern sind Männer, was vielleicht von daran liegen mag, daß Frauen im Internet nicht so sehr vertreten sind –  oder einfach nicht so sehr dazu neigen, sich zu outen. Ihre Neigungen beziehen sich auf fast alle Tierarten -  Phantasien mit Delphinen und Großkatzen sind weit verbreitet, aber ihre Beziehungen haben sie  im Allgemeinen mit Pferden und Hunden, deren sexuelle Organe von der Größe her halbwegs kompatibel mit denen eines Menschen sind, und deren Domestizierung sie verfügbar und bereit macht, sexuelle Avancen zu erwidern.

 

Viele der von Beetz Untersuchten haben einen Universitätsabschluß oder arbeiten im IT Bereich; Manche sind Eigner von Betrieben oder arbeiten in Bibliotheken oder Schulen. Einige haben Berufe, die ihnen erlauben nahe bei Tieren zu sein, wie zum Beispiel in Zoos. Viele spenden für Tierschutzorganisationen. „Nicht alle haben Sex mit ihren Tieren“ - fügt Fräulein Beetz hinzu. „Sie kümmern sich nur gerne um sie.“

 

Das bringt uns zu dem Streitpunkt, ob Zoophilie ein Frage der „Liebe“ oder nur eine Frage von Sex ist. „Zoophilie ist das Phänomen von Menschen, die sich emotional oder sexuell von Tieren angezogen fühlen“ - sagt Dr. Hani Miletski, eine Sexualtherapeutin aus Washington, DC, die ihre Doktorarbeit über das Thema geschrieben hat und gerade ein Buch darüber fertigstellt. Nach Dr. Miletski müssen Zoophile nicht notwendigerweise mit Tieren leben oder mit ihnen Sex haben. Sie lieben Tiere und sorgen sich oft um sie wie andere für ein Kind oder einen Partner. Sex ist eine Option, aber nicht das sine qua non der Zoophilie.

 

Die meisten Zoophilen, mit denen ich gesprochen habe - in Großbritannien, den USA und Europa, scheinen diese Ansicht zu teilen. „Das Schönste ist, wenn sie auf deinem Schoß einschläft oder dein Gesicht leckt“ - sagte Ed James, ein Zoophiler aus New York, über seine Hündin. Ich habe sexuellen Kontakt mit meinem Hund, weil es sie glücklich macht. Und es macht mich froh, sie glücklich zu machen.“ Aber Martin Daily von der RSPCA weist solche Gedanken von sich. "Jeder, der Sex mit einem Tier hat, ob er nun meint, daß er das Tier liebt oder nicht, mißbraucht das Tier" - sagt er. "Es ist eine Form von vorsätzlichem Mißbrauch."

 

Daily und Barry Fryer unterstützen die 'Special Operations Unit' - SOU -ein Teil der RSPCA, deren Aufgabe es ist, die schlimmsten Exzesse von Bestiality aufzuspüren. Die SOU - wie auch der Tierschutzbund der USA  - sieht alle sexuellen Verhältnisse mit Tieren als Mißbrauch und hält Zoophilie für untrennbar von Bestiality. „Weil sie für das Tier keine Achtung empfinden,“ sagt Fryer. „Ich würde sie in die gleiche Kategorie wie die Veranstalter von Hundekämpfen einordnen.“

 

Die SOU stößt auf alle Arten des Mißbrauchs. 1994 half sie bei der Verhaftung eines Mannes, der Sex mit einem Stafford Bullterrier hatte. 1996 wurde ein Mann des Mißbrauchs eines Ponys angeklagt. Aber sie stellt fest, daß ihr die Hände gebunden sind, wenn sie Bestialisten überführen will. Um sie zu überführen muß die SOU den Nachweis eines Tierarztes beibringen, daß das Tier gelitten hat. Und sie muß die Penetration des Tieres nachweisen können, entweder durch einen Penis oder durch ein anderes schädliches Instrument. (Bestiality, in der das Tier den Menschen penetriert, ist in England und Wales kein Verbrechen.) Daily möchte gerne, daß dies geändert wird. Solche Beweise sind aber schwer beizubringen: Die Opfer können nicht sprechen und ein gerichtsmedizinischer Nachweis ist schwierig. Andere Beweise, wie zum Beispiel den kürzlich erfolgte Fall eines Jugendlichen in Gateshead, der von einer Überwachungskamera  erfaßt wurde, wie er im betrunkenen Zustand Sex mit einem Pferd hatte, sind eine seltene Ausnahme. Typischer ist der Fall eines Mannes, der verdächtigt wurde, gewohnheitsmäßig Hühner auf dem Wochenmarkt zu kaufen und dann in verschiedenen Situationen Sex mit ihnen zu haben. Besonders im Bad, wenn er von einer Person geschlagen wurde. Die SOU versuchte ihn letztes Jahr anzuzeigen und scheiterte damit. Die SOU versucht auch, Leute verurteilen zu lassen, die obszönes Material mit Tieren verbreiten. Ihre Beobachtungen auf diesem Gebiet bestätigen den Eindruck, daß es ein wachsendes Interesse an solcher Pornographie gibt. Tiersex-Filme sind besonders beliebt, viele mit sadistischem Einschlag (z.B. wenn kleine Nagetiere getötet werden, um den Zuschauer zu erregen). Aber die Zoophilen, mit denen ich gesprochen habe, blieben unverrückbar bei der Aussage, daß was sie praktizieren mit solchen gewalttätigen Übergriffen nichts zu tun hat. „Es gibt viele Fälle von Vergewaltigung in der Ehe, in heterosexueller Beziehungen“ - sagt Ed James, der seine Hündin masturbiert. „Aber es ist einfach widerlich zu unterstellen, daß alle heterosexuellen Beziehungen so sind.“

 

Andrew Bukowsky, ein Zoophiler aus Florida, der zwei Hunde besitzt, Kayzee und Scams, kann Bestialisten nicht ausstehen die sagen: "Zum Teufel mit dem Tier. Binde es fest und habe dann Sex mit ihm... ungefähr so wie Vergewaltiger.“ Und nicht-zoophile Wissenschaftler wie die Anthropologin Barbara Noske, die über Jungen publiziert hat, die in Algerien mit Eselinnen Sex hatten, machen eine Unterscheidung zwischen „Bestiality“ und „Vergewaltigung von Tieren“.

 

Auf jeden Fall waren die Zoophilen, mit denen ich gesprochen habe, unnachgiebig in dem Punkt, daß sie keine Vergewaltiger seien. Brian zum Beispiel glaubt, daß die Hunde ihn dominieren. Er ist immer der passive Partner in so einer Beziehung und hat einen Hund nie penetriert. Es ist normalerweise Trey, der den ersten Schritt macht, in dem er sich auf die Hinterbeine stellt und so seinen Wunsch ihn zu besteigen zeigt. Ein anderer Zoophiler, ein deutscher Schullehrer, genannt Kurt, der „Fencehoppt“, um Sex mit Pferden zu haben, besteht darauf, daß Pferde unmißverständliche sexuelle Avancen machen können, z.B. indem sie sich herumdrehen, ihm ihr Hinterteil entgegen schieben und ihren Schweif zur Seite legen. Natürlich kann ein Tier sich nicht mit Worten äußern, aber - wie Dr. Miletski klarstellt - können Tierhalter normalerweise erkennen, was ihr Tier will oder nicht will. „Man streichelt doch Nachbars Katze, weil sie die entsprechenden Zeichen gibt. Die Katze sagt, das ist OK, indem sie nicht wegläuft und dich mit ihrem Kopf anstößt oder indem sie schnurrt. Wenn die Katze genug hat, geht sie weg. Und wenn man versucht, die Katze weiterhin zu streicheln, dann hat man ein Problem.“ Nach Ed James ist es mit dem Sex das Gleiche. „Wenn es den Anschein hat, als sei das Tier nicht interessiert, dann höre ich wie jeder andere verantwortliche und liebende Zoophile auf.“

 

Im Gegensatz dazu, streicht Beetz heraus, sind Hunde nach unseren Maßstäben offensichtlich 'Übersexualisiert'. Und besonders männliche Hunde reiben sich gerne an den Beinen von Fremden. Beetz fügt hinzu, daß viele normale Tierhalter gewaltsam in das Sexualleben ihres Tieres eingreifen, indem sie es kastrieren lassen. Ein Verleugnen der Sexualität, die moralisch weniger entschuldbar ist, als ihnen sexuelle Befriedigung zu geben. Zumindest kann man sich darüber streiten. (Natürlich kommt noch dazu: Wir essen Tiere, wir jagen sie, wir wählen sie aus, wir lassen sie den ganzen Tag im Haus alleine und legen sie an die Leine...).

 

Dr. Miletski bestätigt, daß dieses sexuelle Wohlbefinden aus der Sicht des Tieres real ist. „Ein Tier kann einen Sexualakt mit einem Menschen genießen, weil es ihm, soweit wir es wissen, egal ist, mit was es Sex hat“ sagt sie. „Ein Tier kann durch einen sexuellen Akt mit einem Menschen einen Orgasmus haben.“ Was uns zu der Frage führt: Kann es einen verantwortlichen und liebenden Zoophilen geben? Und wenn es so ist, sollte die Gesellschaft ihn tolerieren?

 

Simon Andreae, der Produzent von 'Animal Passions'  glaubt nicht, daß Zoophilie etwas ist, das man sich aussucht. Nicht mehr als Homosexualität oder Heterosexualität eine Frage des freien Willens ist. „Aber ich glaube auch, daß jemand, der Angst vor einer länger dauernden sexuellen Beziehung oder im heterosexuellen Bereich Angst vor Frauen hat, und der irgendwie außerhalb der Welt lebt, über diese Grenze rutschen kann. Es ist eine Mischung aus Isolation, Furcht, vielleicht eine etwas andere Geisteshaltung, vielleicht schon von Geburt an angelegt... nicht daß ich glaube es gibt ein Gen gibt für das Bevorzugen von Tieren. Aber wenn man sich jemand vorstellt, der mit der Tendenz zum Außenseiter geboren ist, so kann dies zu einem ganzen Bündel von Bedingungen führen, die ihn zum Zoophilen machen.“ Wenn dem so ist - argumentieren die Befürworter - kann man Zoophile wirklich tadeln, von kriminalisieren ganz zu schweigen, für das was sie sind? Und sind ihre „Beziehungen“ wirklich so unterschiedlich zu den hoch emotionalen Beziehungen, die viele Nichtzoophile mit ihren Tieren haben? Ihre Sexualität mag verborgen sein, vielleicht auch bizarr.  Aber sie ist nicht schädlich, unmoralisch oder antisozial. Andrew Bukowsky, der einen verantwortlichen Zoophilen definiert als „jemanden, der sein Tier genug liebt, um mit ihm guten Sex zu haben ohne es zu verletzen oder den Hund zu mißbrauchen“, bringt es auf den Punkt: „Ich bin ein Mensch wie jeder andere auch. Aber was Jam und ich tun, scheint die Gesellschaft für nicht normal zu halten.

 

Solche Argumente hören sich an wie die Argumentation, die die Anhänger der „pädophilen Befreiungsbewegung“ benutzt haben. Und die Gegner der Bestiality argumentieren, daß sie genauso heuchlerisch sind. Die RSPCA besteht darauf, daß Bestiality - mit welchem Niveau von gemutmaßtem Einverständnis auch immer - eine absolute moralische Grenze durchbricht, die unser Verhältnis zu Tieren bestimmen sollte. Barry Fryer argumentiert, daß, obwohl wir Tiere züchten und als Nahrungsmittel töten, wir uns bis zu ihrem Tode für die Verbesserung ihrer Lebensumstände einsetzen müssen. Auch wenn wir sie gefangen halten, müssen wir doch sicherstellen, daß sie keine psychologischen Qualen erleiden. „Wir möchten, daß jede Phase des Lebens eines Tieres mit Respekt und Menschlichkeit behandelt wird“, sagt er.

 

Er und seine Mitstreiter akzeptieren nicht, daß dies in „liebevollen“ zoophilen Beziehungen geschehen könnte. Die absolute Hingabe, die das Tier in solchen Beziehungen zeigt, kann genausogut nicht als Liebe sondern als Loyalität oder Abhängigkeit verstanden werden, die auf dem Bedürfnis nach Nahrung und Schutz beruht. „Sie nutzen aus, daß Menschen Macht über Tiere haben,“ sagt Martin Daily. Er postuliert, daß Tiere ihre Handlungen nicht kontrollieren können und sich über deren Bedeutung in der menschlichen Erfahrungswelt nicht bewußt sind. „Wenn Du versuchst, einen Hund zum Sex mit einer Frau zu bringen, dann wird der Hund es tun. Weil es eine natürliche biologische Funktion ist. Der Hund sieht daran nicht Falsches. Wir wissen es aber besser,“ argumentiert er.

 

Nicht jeder, der glaubt, daß Tiere vor Zoophilen geschützt werden sollten, steht diesen völlig feindlich gegenüber. Nicky Radcliffe vom amerikanischen Tierschutzverband zum Beispiel glaubt, daß Zoophile Therapie brauchen, nicht Bestrafung. (Vor 9 Jahren hat sie in Maryland einen Bestialisten vor einer langen Gefängnisstrafe bewahrt und ihn einer Therapie zugeführt, ähnlich dem ‚12 Schritte Entwöhnungsprogramm' für Alkoholiker. Und soweit Ihr bekannt ist, hat er keine sexuellen Beziehung zu Tieren mehr). Martin Daily bemerkt, daß er es lieber sähe, wenn die Zoophilen ihre Spenden für die Tierschutzorganisationen für psychologische Behandlungen an ihnen selber ausgeben würden.

 

Wenn man überhaupt sagen kann, daß Zoophile etwas gemeinsam haben, dann vielleicht, daß sie eine Beziehung zu Tieren als weniger verboten oder weniger furchteinflößend empfinden als eine Beziehung mit Menschen. Die unvergleichliche Liebe, die ein Hund einem Menschen zeigt, ist in einer ausgeglichenen heterosexuellen oder homosexuellen Beziehung selten. Bedeutet das, daß Tiere einfachere und billigere Partner sind? „Zoophile müssen sich nicht mit Werbung beschäftigen,“ sagt Andrea Beetz. „Sie brauchen keinen Partner ins Kino oder sonstwo hin einzuladen und wissen dann immer noch nicht, ob es funktioniert. Tiere sind logisch und ehrlich in ihrer Zuneigung und nicht durch menschliche Vorurteile oder soziale Erwartungen verfälscht. „Sie zeigen ihre Liebe sehr offen,“ fährt Beetz fort. „Es kommt nicht darauf an, ob du arm bist, kein Haus hast, oder nicht erfolgreich bist.“

 

Das nimmt das Unbestimmte aus der Liebe. Manche würden sagen, den Spaß an der Unsicherheit, und ersetzt sie durch emotionale Sicherheit. Beetz hat noch nie ein Tier gefunden, das seine Liebe zu einem Menschen verloren hätte. Mit anderen Worten: Zoophilie ist der einfachere Weg. Jemand, der sich mit der Komplexität menschlicher Empfindungen nicht befassen kann oder will, mag es einfacher finden, eine Beziehung mit einer dummer und unterwürfigen Kreatur anzufangen.

 

Brian, Trey’s Besitzer, bestätigt das Bild des Zoophilen als eher bedauernswerte denn verachtenswerte Person. Seine gegenwärtige „Beziehung“, sagt er, ist nicht perfekt, und er sucht nach einem menschlichen Gefährten. „Manchmal fühle ich mich einsam, ich hätte gern einen Freund oder Partner, jemand mit dem ich mein Leben teilen kann. Im Laufe der Jahre fühlte ich das Bedürfnis nach einer menschlichen Partnerschaft, obwohl ich Freunde und hündische Lebensabschnittsgefährten hatte. Auf eine gewisse Weise hätte ich gerne eine Familie gehabt. Aber das hätte schwere Probleme gegeben.“ Er sagt, daß mit einem anderen Zoophilen zu leben der beste Kompromiß sei.

 

Unter Anderem bedauert er die Tatsache, daß in seinen früheren Beziehungen die Hunde, mit denen er Sex hatte, anderen Leuten gehörten. Daß er nie in einer Position war, wo er sich von ihnen verabschieden konnte. „Das ist das schlimmste daran,“ sagt er. „Die kurze Lebensspanne.“ Aber er glaubt noch immer, daß Zoophilie dafür entschädigt. Es gibt viele Züge an Menschen - wie Heuchlerei oder Betrug oder Ignoranz - die ihn irritieren, sagt er. „Ich glaube nicht, daß Hunde das tun, Hunde sind nicht so. Hunde sind in ihren Gefühlen sehr direkt. Sie können den Charakter gut einschätzen, und man kann sie kaum täuschen. Dich kann man auch nicht leicht täuschen, Trey, oder?" Der Hund bellt, wie er seinen Namen hört. "Du weißt immer, wo das Futter ist."